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Bumblebee – Kritik

Auf dem weit entfernten Planeten Cybertron beginnt die Geschichte von Bumblebee. Hier tobt ein verheerender Krieg zwischen Autobots und Decepticons. Explosionen zieren die Oberfläche der hoch technologisierten Welt, während sich ein Funkenregen über die industrielle Landschaft legt, sodass ein Meer leuchtender Farben entsteht. Es poltert im Hintergrund und dann rollen sie auch schon durch die Gegend: Transformers, die sich binnen weniger Sekunden von einem gewöhnlichen Fahrzeug in einen riesigen Roboter mit tödlichen Waffen verwandeln können. Daraufhin kollidieren in dieser atemberaubenden Eröffnungssequenz die metallenen Körper mit einer ähnlichen Wucht, wie wir sie aus Michael Bays Transformers-Filmen kennen. Dennoch versteckt sich in der Inszenierung von Travis Knight eine unerwartete Leichtigkeit, die beflügelt und inspiriert.

Unerwartet ist diese Leichtigkeit im Bezug auf die Kolosse, die sich prügeln und mit ihren mächtigen Bewegungen alles einreißen, was auf der großen Leinwand zu erblicken ist. Freilich existierte da zuerst ein Staunen, eine Begeisterung ob der mitreißenden Vorgänge und Verwandlungen. Michael Bays jüngster Franchise-Beitrag, Transformers: The Last Knight, erstickte jedoch geradezu in seiner ungebremsten Gigantomanie und verdeutlichte wie kein anderer Film der Reihe, dass der Kampf zwischen Autobots und Decepticons dringend eine Verschnaufpause, eine Neukalibrierung, vielleicht sogar eine Generalüberholung benötigt. Ein Sprung in die Vergangenheit sowie der Fokus auf einen stählernen Helden sind die ersten Schlüssel zur erfolgreichen Wiederbelebung. Als größte Geheimwaffe erweist sich allerdings Regisseur Travis Knight, obwohl dessen Engagement zuerst verdutzte.

Travis Knight stammt aus der Animationsschmiede Laika, wo er seit Ende der 1990er Jahre als Animator an Projekten wie Coraline und ParaNorman arbeitete, ehe er vor zwei Jahren mit Kubo and the Two Strings sein erstaunliches Regiedebüt vorlegte. Selten sah ein Stop-Motion-Film atemberaubender aus, wie dieses feine Abenteuer, das zwischen Coming-of-Age-Geschichte und Samurai-Epos seine eigene Ästhetik entwickelte. Der anschließende Sprung mit Bumblebee ins Blockbuster-Kino wirkte deswegen erstaunlich, weil es sich um Franchise handelte, das bis dato ausschließlich von der unverkennbaren Handschrift eines Regisseurs geprägt wurde. Schlussendlich bringt Travis Knight aber die erhoffte Frische mit und kann die vielen feinen Nuancen seiner Arbeit selbst im Angesicht zerschellender Metallteile durchsetzen, ohne ikonische Transformers-Gesten zu verbannen.

Angelegt als Spin-off und Prequel zu den bisherigen Filmen entführt Bumblebee in die 1980er Jahre und sichert sich bereits mit der Verwendung von Designs der ersten Transformers-Generation nostalgische Gefühle. Vor allem aber nutzt Travis Knight zusammen mit Drehbuchautorin Christina Hodson das vergangene und in der Popkultur längst zu neuem Leben erwachte Jahrzehnt, um den Geist der Filme von Steven Spielberg einzufangen. E.T. the Extra-Terrestrial wäre die offensichtlichste Referenz, die Bumblebee nicht nur mit seinen filmischen Vorbildern verbindet, sondern ebenfalls die Brücke zum ersten Transformers-Film schlägt. Denn im Kern erzählte schon dieser von der Annäherung eines Jungen und eines Aliens, das auf die Erde gekommen war, um im wörtlichen wie im übertragenen Sinn eine Lücke auf dem Weg ins Erwachsenenleben zu füllen.

An die Stelle des Jungen tritt in Bumblebee die 18-jährige Charlie (Hailee Steinfeld), die ihren Vater verloren hat und sich nichts sehnlicher als ein Auto wünscht. Im San Francisco des Jahres 1987 verkörpert dieses Auto für die Jugendliche genauso unendliche Freiheit wie dreißig Jahre später, wenn Sam Witwicky (Shia LaBeouf) zufällig über den AllSpark stolpert und dadurch in einen intergalaktischen Konflikt gerät. Trotzdem entfaltet sich zwischen Charlie und Bumblebee im Verlauf der nachfolgenden Geschichte eine eigene Dynamik voller liebevoller Momente und aufmerksamer Beobachtungen. Travis Knight setzt den Gigant aus dem All hingebungsvoll in Szene und erinnert mit seinen Aufnahmen, die vom Sonnenschein der Westküste und den grünen, umliegenden Wäldern berichten, an die Atmosphäre von Pete’s Dragon, der mit einer ähnlich unwahrscheinliche Freundschaft verzauberte.

Von einnehmenden Actionszenen muss sich Bumblebee dabei gar nicht verabschieden – im Gegenteil: Travis Knight findet eine ausgeglichene Sprache, um die gewaltige Auseinandersetzung zwischen Autobots und Decepticons mit den zerbrechlichen Augenblicken einer Coming-of-Age-Geschichte zu vereinen, die in der Suburbia-Idylle stets einen willkommen Ausgleich und Kontrast zur einleitenden Schlacht auf Cybertron entdeckt. Generell vermag es Travis Knight, fantastisch mit den Größenverhältnissen zu spielen, ohne die Kontrolle zu verlieren, während er die Bewegungen auf der großen Leinwand mit der gleichen Eleganz der winzigen, aber entscheidenden Details von Kubo and the Two Strings ausgestattet sind. Bereits in dem Stop-Motion-Märchen verwandelte sich die Umgebung mit einem Wimpernschlag – in Bumblebee kann er dieses Können nun komplett ausspielen.

Bumblebee, der dieses Mal in Form eines knuddeligen VW Käfers in Erscheinung tritt, lebt und schnauft in diesem Film, selbst wenn er kurze Zeit nach seiner Bruchlandung auf der Erde nicht mehr reden kann. Die Kommunikation via Radio funktioniert noch nicht so flüssig, wie wir es aus den Transformers-Filmen kennen. Doch das ist gar nicht wichtig, denn in Travis Knights Inszenierung erzählen verbeulte Autoteile mehr als es Worte jemals könnten, während sich im Rückspiegel die gesamte Poesie dieses wundervollen Films offenbart. Das Erste, was Charlie sieht, wenn sie sich in ihren rostigen Weggefährten setzt, ist ihr eigenes Angesicht, selbst wenn es noch zahlreiche Auseinandersetzungen über die Smiths und eine gemeinsame Liebe zu The Breakfast Club benötigt, um das zu erkennen. Am Ende sind jedoch die Dinge, die am weitesten in Entfernung scheinen, die, die uns am nächsten sind.

Bumblebee © Paramount Pictures