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Picnic at Hanging Rock – Kritik

„What we see and what we seem are but a dream, a dream within a dream.“

Wie ein verschlafener Traum – oder viel mehr noch ein verschlafener Albtraum – fühlt sich Peter Weirs Picnic at Hanging Rock an. Zwar wälzt sich die Natur noch am Anfang im goldenen Schein der Sonne, doch das Grauen ist von Anfang an präsent, versteckt im Schatten, der wohl oder übel auf die Erde fällt. Und obwohl dieser Schatten wandert, ist es dieser eine Ort, der immer wiederkehrt. Am Gipfel des Hanging Rock scheint sich alles zu bündeln. Nicht zuletzt wartet die Felsformation schon mehrere Millionen Jahre auf die jungen Mädchen des Appleyard Colleges, wie es Irma (Karen Robson) im Rahmen der Anreise gedankenverloren in den Raum wirft. Auch im späteren Verlauf treibt es die Menschen immer wieder an jenen verwunschenen Flecken Erde zurück. Stets auf der Suche befinden sie sich – seien es Miranda (Anne-Louise Lambert), Marion (Jane Vallis) und Irma, die aus reiner Neugier wie hypnotisiert im Schlund des Gesteins verloren gehen, oder die zahlreichen Suchkräfte, die im Anschluss versuchen, das Verschwinden zu aufzuklären.

Was tatsächlich beim verträumten Picknick am Valentinstag geschah, wird allerdings für immer eine unheimliche Vorstellung bleiben. Denn auf gewisse Weise sind all die Bemühten trotz ihres Engagements ohnmächtig. Ohnmächtig in der Sonne, die weiterhin und unermüdlich Idylle kolportiert. In Wahrheit hat sich der runde Feuerball in all seiner Distanz in etwas Furchteinflößendes verwandelt, das unerbittlich mit Hitze um sich wirft und die Welt in einem betäubten Zustand zurücklässt. Auf einmal passiert alles wie in Zeitlupe; Schweiß im Angesicht der Beteiligten und das Zirpen von Grillen im vertrockneten Gras. Garstig ist diese Umgebung und mit Sicherheit niemandem wohl gesonnen, der sich in ihr auszutoben gedenkt, völlig unabhängig wie naiv und unschuldig ein motivierender Gedanke dazu (gewesen) sein mag. Die drei Mädchen entfliehen einem tristen Durcheinander aus Regeln, wie sie bildlich beim morgendlichen Fertigmachen vor dem Aufbruch im Korsett festgezurrt werden.

Doch in der (menschenfeindlichen) Natur wartet die Freiheit, die Peter Weir seit Dekaden in unterschiedlichster Form in seinen Filmen sucht. Und natürlich ist der Moment des Ausbruchs der spannendste, ganz egal ob aus einem Gefangenenlager, einer inszenierten Realität oder eben diesem Mädcheninternat. Selten waren Peter Weirs Figuren in ihrer Welt (sowieso einer später möglichen) jedoch so verloren wie in Picnic at Hanging Rock. „A surprising number of human beings are without purpose, though it is probable that they are performing some function unknown to themselves“, überlegt Miranda, als sie gemeinsam mit ihren Freundinnen vom Hanging Rock herab das wuselnde Treiben am Fuß des Berges betrachtet. Ob die Mädchen ihren „Purpose“ gefunden haben, gehört vermutlich zu einer der Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Sicher ist nur, dass zumindest zwei von ihnen dem, war vorher war, entkommen sind.

Picnic at Hanging Rock © Koch Media