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The Old Man & the Gun – Kritik

Ein Gauner und ein Gentleman: In The Old Man & the Gun, dem neuen Film von Regisseur und Drehbuchautor David Lowery, ist Robert Redford beides. Mit einer unglaublichen Ruhe marschiert er in eine Bank und wenige Minuten später mit einem Koffer voller Geld wieder heraus. Von Blaulichtern, Pistolenschüssen und panischen Schreien ist derweil keine Spur zu entdecken: Höflich räumt er als Forrest Tucker die Geldfächer leer, ehe er sich mit freundlichen Worten verabschiedet. Die Menschen, die er auf der anderen Seite des Bankschalters zurücklässt, sind gleichermaßen irritiert wie verzaubert von seiner charmanten Art und unerhörten Gelassenheit.

Basierend auf dem gleichnamigen New Yorker-Artikel von David Grann aus dem Jahr 2003 sowie dem Leben von Forrest Tucker, der insgesamt 16 Mal aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, erzähl David Lowery nach dem traurigen A Ghost Story ein entspanntes Märchen, irgendwo zwischen Drama und Kriminalkomödie. Autos rollen genüsslich die Straße entlang, während die Sonne scheint und das Gras grün ist. The Old Man & the Gun besitzt etwas Paradiesisches und appelliert mit jedem einzelnen Frame an die Magie längst vergangener Dekaden, wenn das raue Filmkorn gleichermaßen Abenteuer und Geborgenheit verspricht. David Lowery beschwört allerdings nicht nur nostalgische Erinnerungen.

Vor allem wird sein Film von einer stillen Melancholie begleitet, die nicht einmal Robert Redfords hingebungsvoll ausgelebte Lässigkeit kaschieren kann. Entgegen all der Freundlichkeit versteckt sich in The Old Man & the Gun eine stechende Tragik, die der Film aber nie im Großen zelebriert, sondern behutsam im Kleinen formuliert. Das hat auch zur Folge, dass die Erzählung den Eindruck erweckt, nie den entscheidenden Durchbruch zu erreichen – doch das ist auch gar nicht nötig. Folgte David Lowery einst noch im Bonnie and Clyde-Hommage Ain’t Them Bodies Saints einer gewissen Rastlosigkeit, verliert er sich nun komplett in unaufgeregten Bildern.

Hier muss niemand jemanden etwas beweisen, erst recht nicht Robert Redford, der im Geiste noch einmal seine ganze Filmographie vorbeiziehen lässt, während er eine Bank nach der anderen ausraubt und damit doch wieder einer versteckten Rastlosigkeit erlegen ist. Ein schöner Widerspruch, den David Lowery auf einfühlsame, nachdenkliche Weise auf die Leinwand bannt. Wenn Robert Redford mit einem zufriedenen Lächeln in die Ferne blickt, ist er trotz aller Sicherheit am Ende hin- und hergerissen zwischen Vergangenen und dem Bevorstehenden. Ein schönes letztes Rätsel auf dieser leisen Odyssee des Alterns, bei der die Zeit nicht angehalten werden kann, auch wenn es für einen Augenblick so aussieht.

The Old Man & the Gun © DCM