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Gravity – Kritik

Der Weltraum. Unendliche Weiten. Sogar so unendlich, dass sie bisher auf der großen Leinwand kaum greifbar waren. Trotzdem nähert sich Regisseur Alfonso Cuarón mit Gravity dem Erleben der Schwerelosigkeit so nah an, wie es bisher lediglich Stanley Kubrick und Ridley Scott in vereinzelten Passagen von 2001: A Space Odyssey und Alien gelungen ist. Gravity ist eine intensive, unvergessliche und schwindelerregende Erfahrung, was neben der außerordentlichen Inszenierung seitens Alfonso Cuarón und Emmanuel Lubezkis überwältigender, poetischer Bilderwucht auch auf das Spiel mit der akustischen Ebene zurückgeführt werden kann. Während Gravity im Weltall überhaupt keine Geräusche zulässt, nimmt der Score von Steven Price eine umso wichtigere Rolle ein und entwickelt eine unglaubliche Sogwirkung ein. Er ist neben Sandra Bullocks verzweifelten Atemzügen der pochende wie dröhnende Antrieb, der zum Überleben in der Unendlichkeit notwendig ist. Was folgt, ist ein unvergleichlicher audiovisueller Survival-Trip.

Vor allem weil Gravity im Grunde nur eine überschaubares Handlungskonstrukt beinhaltet, ist die Gestaltung dieses umso wichtiger. Alfonso Cuarón nimmt sich dementsprechend Zeit, eine unheimlich dichte Atmosphäre zu entwickeln und ab einem gewissen Punkt hat die Spannung den Grad des Unerträglichen erreicht. Der Pulsschlag zerreißt einen beinahe und es gibt keinen Halt mehr, keinen Boden unter den Füßen. Ausschließlich die Machtlosigkeit gegenüber das äußeren Umstände die sowohl die Figuren als auch uns Zuschauer in die unbeschreibliche Leere des Raums verbannen. Orientierungslos im Schwarz des Weltalls gefangen. Kein Entkommen, nur unkontrollierbare Drehungen, Spiralen und Überschläge. Und jeder Augenblick könnte der letzte sein. Genau dieses Gefühl der Unausweichlichkeit, des Unvermeidbaren sekundiert Steven Price mit seinem Score auf überaus adäquate Weise. Seine Kompositionen schwellen ebenfalls mit jeder Minute an, steigern sich ins Unendliche, bis sie schlussendlich im tosenden Klimax kulminieren: Schreiende Emotionen nach absoluter Freiheit im Angesicht des lebensfeindlichsten Ortes, an dem man sich gerade befinden könnte.

Schließlich drängt sich eine unbehagliche Ruhe durch das lärmende Tosen und völlig losgelöst von allem Denkbaren existiert für den unfassbaren Bruchteil einer Sekunde absolute Vollkommenheit in einem Augenblick der reinen Faszination. Und dann folgt pures Rauschen – genauso eindringlich wie zerstörerisch und beängstigend. Es ist unmöglich in diesem Strudel aus einmaligen Impressionen nicht untergehen, zu ersticken und hastig ein letztes Mal nach Luft zu schnappen, bevor der Schall des tobenden Brausens verhallt und sie endgültig eintritt, die Totenstille. Doch selbst in Anbetracht endgültiger Auswegslosigkeit entsteht einnehmende Schönheit. Es ist stets ein erhabenes Moment, wenn Alfonso Cuarón und Emmanuel Lubezki ihre Figuren auf eine wahrhaftige Weltraum-Odyssee schicken und sie bis zum bitteren Ende begleiten. Der virtuose Bilderreigen fesselt ab der ersten Einstellung, ebenso wie die atemberaubende Plansequenz im Anschluss. Das darauffolgende Geflecht bewegter Bilder, nach dem Kontaktverlust mit Ground Control, verschmilzt geradezu zu in einer Einheit des Staunens sowie der Angst.

Gravity © Warner Bros.