Tief im Inneren von The Devil All the Time brodelt etwas Ungeheuerliches und dennoch vermag es Regisseur Antonio Campos nur in den seltensten Momenten, das wahre Grauen zum Vorschein zu bringen, das sich in dieser drei Dekaden umspannenden Geschichte versteckt. Basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage von Donald Ray Pollock, der höchstpersönlich als Erzähler fungiert, entführt der Film an finstere Orte im Mittleren Westen der USA, weit abgelegen von der Straße. Verwegene Gestalten treiben hier ihr Unwesen. Trotzdem existiert die Fantasie eines besseren Lebens.
Wer tüchtig ist und den christlichen Glauben lebt, braucht sich nicht vor der Düsternis zu fürchten. Die Menschen klammern sich verzweifelt an einen Gott, der bestraft und Opfer fordert, schlussendlich aber den Weg aus dem Elend weist. Es wird gebetet und gepredigt. Allein die Rahmung durch zwei Kriege kündet jedoch von einem anderen Ende der Geschichte: Selbst für die wenigen Menschen mit guten Absichten gibt es kein Entkommen aus dem Teufelskreis der Gewalt – nicht einmal dann, wenn der Film einen Schritt zurücktritt, um zur Wurzel des Bösen vorzudringen und eine Erklärung für das Leid zu finden.
Die Aussichtslosigkeit, die The Devil All the Time beschwört, ist zermürbend, das Versprechen des Titels löst Antonio Campos allerdings nicht ein. Sein Teufel ist bloß ein ausgestellter und oberflächlicher, aber keiner, der sich wahrlich im Schlamm Amerikas suhlt und den grimmigen Aspekten der Handlung gerecht wird. Obwohl die episodische Struktur des Films gleich mehrere Perspektiven offenbart, um die abgründigen Figuren zu erforschen, bleibt die filmische Sprache und Ausdruckskraft stets eine enttäuschende. Selbst das aufwühlendste Ereignis hinterlässt ein merkwürdiges Gefühl von Teilnahmslosigkeit.
Eigentlich sollte The Devil All the Time vor Ambivalenzen triefen, wenn sich die Menschen hoffnungslos in ihrem Glauben verirren oder den Glauben anderer zum eigenen Nutzen missbrauchen. An einem motivierten Cast mangelt es Antonio Campos zumindest nicht, gerade im Hinblick auf Robert Pattinson, der als fieser Priester in einer Nebenrolle gewillt ist, den ganzen Film mit sich in den Abgrund zu reißen. Auch Harry Melling, einst Harry Potters ungeliebter Cousin Dudley, zeigt sich von einer Seite, die in puncto Unheimlichkeit kaum zu übertreffen ist. Schlussendlich bewegen sie sich aber alle nur vor einer Wand.
Obwohl das Drehbuch bemüht ist, die einzelnen Schicksale elegant zusammenzuführen und dabei einen letzten Schlag in die Magengrube zu provozieren, lässt der Film nie in die Tiefe dieser heruntergekommenen Welt blicken. Weder Poesie noch Tragik entstehen in einer solch ideenlosen Inszenierung, die nicht einmal den Eindruck erweckt, als wäre sie selbst sonderlich von sich eingenommen. Bis The Devil All the Time den Punkt erreicht, an dem der Teufel endlich aus seinem Loch gekrochen kommt, ist der Film so vertrocknet, dass es kaum noch etwas gibt, dem das Leben ausgesaugt werden kann.
The Devil All the Time © Netflix
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