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Folklore: The Long Pond Studio Sessions – Kritik

Eigentlich wollte Taylor Swift dieses Jahr mit einer Konzerttour um die Welt reisen und an Orten spielen, die sie noch nie zuvor besucht hatte. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden jedoch sämtliche Konzerte verschoben oder abgesagt. In ein tiefes, dunkles Loch ist Taylor Swift allerdings nicht gefallen. Im Gegenteil: Aus der Asche des Lover Fest wurde ihr achtes Studioalbum und einer ihrer größten künstlerischen Erfolge geboren: Folklore. Ein verblüffendes Werk, das sich anfühlt, als würde man eingekuschelt in einer Strickjacke am Kamin sitzen. Es ist kein Zufall, dass die Lead Single den Titel Cardigan trägt.

In einem trüben Jahr wie 2020 spendet Taylor Swifts Musik unheimlich viel Trost, Hoffnung und Wärme. Mit Folklore: The Long Pond Studio Sessions bringt sie das meisterhafte Album nun zu Disney+ als außergewöhnlichen Konzertfilm. Keine euphorischen Fans, keine große Bühnenshow: Minimalistisch ist der Aufbau und das Setting. Eine Atmosphäre so intim wie das Album selbst: Noch besser hätte Taylor Swift nach dem wundervollen Cardigan-Musikvideo ihre filmische Entdeckungsreise von Folklore nicht fortsetzen können. The Long Pond Studio Sessions ist ein gemütlicher Abend mit Freunden und Geschichten.

Außerhalb der üblichen Studiokonventionen produzierte Taylor Swift ihr neues Album in enger Zusammenarbeit mit Aaron Dessner von The National und Jack Antonoff, der als Sänger die Bleachers anführt. The Long Pond Studio Sessions markiert das erste Mal, dass die drei gemeinsam in einem Raum die Musik spielen, die sie über mehrere Wochen und Monate hinweg geschrieben haben. Sprich: Das hier ist ein unglaublich roher Konzertfilm, der von einer perfekt einstudierten Choreographie nicht weiter entfernt ein könnte. Die Magie des Augenblicks ist in jeder vorsichtigen Kamerabewegung spürbar.

Taylor Swift, die bereits mehrere ihrer Musikvideos inszenierte, wird mit The Long Pond Studio Sessions zur Regisseurin ihres ersten abendfüllenden Films. Ihre Bilder stehen im beruhigenden Einklang mit der Musik – und schleichen auf Zehnspitzen durch das Studio. Viele konzentrierte, aber noch mehr hingebungsvolle Blicke fängt die Kamera ein. Und dann sind da die entspannten Gespräche vor und nach dem Musizieren. Swift, Dessner und Antonoff lassen ihre Kollaboration im Garten bei einem Gläschen Wein Revue passieren, was die sowieso schon berührenden Songs mit zusätzlichen Geschichten auflädt.

Alle drei haben unterschiedliche Auffassungen von dem Werk, das sie geschaffen haben. Ihre Perspektiven kommen sich allerdings nicht in die Quere, sondern erweitern sich gegenseitig. The Long Pond Studio Sessions avanciert somit zur wertvollen Verlängerung eines Albums, das nichts behaupten und beweisen muss. Stattdessen geht es um die Musik und was sie erzählt. Nur wenige Alben haben 2020 eine solch erzählerische Tiefe eröffnete wie Folklore. The Long Pond Studio Sessions ist ein schlichtes Filmbecken, um die Lieder in ihrer gesamten Schönheit aufzufangen. Hoffentlich kehrt Taylor Swift für einen Evermore-Film an diesen Ort zurück.

Beitragsbild: Folklore: The Long Pond Studio Sessions © Disney+