Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

Romeo + Juliet (Baz Luhrmann, 1996)

Ich kann mir nur vorstellen, wie es gewesen sein muss, diesen Film 1996 komplett unvorbereitet im Kino zu sehen und von der Wucht mitgerissen zu werden, mit dem Baz Luhrmann die Leinwand gleich in den ersten Minuten zum Beben bringt, als würde er Shakespeares Seiten einfach zerreißen, sie wild in der Luft zerfetzen, und dann zuschauen, wie die Fetzen langsam zu Boden rieseln.

Wie es sich angefühlt haben muss, diese aggressive, vulgäre, stürmische Eleganz zu erleben, die von impulsiven Schnitten und vibrierenden Bildern getragen wird, und dennoch Zeit findet, diese pure Romantik, diese pure Tragik zu erforschen, bis am Ende der Schweiß auf DiCaprios Haut genauso glüht wie die verschwommenen Kerzen und Neonkreuze im Hintergrund.

Und überhaupt, wann haben sich Menschen im Kino das letzte Mal so geküsst? So innig, so überstürzt, so verliebt. Im Fahrstuhl, im Wasser, auf dem Balkon, gerahmt von Kriseln eines Fernsehers und den Überresten einer aufgesprengten Theaterbühne, die von Licht durchflutet und von Bewegung erschüttert wird und damit ganz Kino ist.

Eigentlich verblüffend, dass bei so einem lauten, dröhnenden Film der magischste Moment ein leiser, schüchterner Blick durch ein Aquarium ist, das in Anbetracht der angestauten filmischen Energie jeden Moment zerspringen müsste, aber für einen Moment die Zerbrechlichkeit dieses kostbaren, unwahrscheinlichen Augenblicks zwischen Engelsflügeln und Ritterrüstung wahren kann.

Beitragsbild: Romeo + Juliet © 20th Century Studios