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Blonde – Kritik

Hollywood geht in Flammen auf. Funken fliegen durch die Luft und die Hitze staut sich in den Straßen. Rauchwolken verdunkeln den Himmel und vermauern den Weg in die Freiheit. Der Ort grenzenloser Fantasie und Möglichkeiten verwandelt sich in ein Verließ voller Hoffnungslosigkeit: In Blonde, dem schonungslosen Marilyn Monroe-Biopic von Regisseur Andrew Dominik, scheint die Welt jenseits der Hollywood Hills unerreichbar – mitunter entsteht sogar der Eindruck, als würde sie gar nicht existieren. Die Figuren bewegen sich im Kreis, prallen an unsichtbaren Wänden ab und kehren zurück ins glühende Herz der Finsternis, wo sie komplett verschlungen werden.

Die Geschichte einer der größten Ikonen der Traumfabrik beginnt im Auge eines Sturms, der tosend wie beruhigend durch einen weit entfernten Albtraum führt. Wo Dominik anfangs einen Weltuntergang inszenierte, verliert er sich kurz darauf in der detailgenauen Nachstellung von Fotografien, die prägende Stationen von Monroes Hollywood-Odyssee markieren. Durch minimale Bewegungen und Ana de Armas phänomenale Darbietung erwachen eingefrorene Momentaufnahmen zum Leben. Dominik tastet sich am Rahmen der Bilder entlang, um herauszufinden, was sich dahinter verbirgt. Beständig wechselt er das Format, den Tonfall, die Stimmung.

Nicht selten entsteht dabei ein Horrorfilm, verankert in Schmerz und Verlust. Verzerrte Gesichter, die David Lynchs surrealem Kino entsprungen sein könnten, lauern Marilyn Monroe auf dem roten Teppich auf und schleifen sie durch die Gegend, als könnte sie nicht mehr auf eigenen Beinen stehen. Übergriffe wie ein unaufhörliches Hämmern: Blonde ist ein brutaler Film, der von Gewalt und Ausbeutung erzählt und sich dabei selbst auf einem schmalen Grat bewegt. Unter einer anderen Regie wäre der Film womöglich das nächste Glied in der Kette, das völlig unreflektiert von dem Trauma seiner Protagonistin profitiert. Blonde ist jedoch ein unglaublich empathischer Film geworden.

Dominik nähert sich Marilyn Monroe über Musik und Licht an. Beides strömt in überwältigendem Ausmaß durch die 167 Minuten des Films und setzt sich weit über die Brutalität des Gezeigten hinweg. Blonde wirkt an diesem Punkt wie eine Fortführung des ebenfalls von Schmerz und Verlust geprägten Musikfilms This Much I Know To Be True, den Dominik zusammen mit Nick Cave und Warren Ellis umgesetzt hat. Die einfühlsamen Kompositionen der beiden Musiker – inklusive einer instrumental Version von Bright Horses – begleiten nun auch Monroes Reise, während Kameramann Chayse Irvin atemberaubende Lichterwelten schafft und durch Hollywoods Rauchwolken bricht.

Beitragsbild: Blonde © Netflix