Die erste Staffel von The Mandalorian nähert sich ihrem Ende. The Reckoning arbeitet unmittelbar auf ein spektakuläres Finale hin und fungiert dabei gewissermaßen als Best-of der bisherigen Episoden. Wenn der Mandalorianer (Pedro Pascal) in Windeseile von einem Planeten zum nächsten springt, sammelt er all die mehr oder weniger unfreiwilligen Weggefährten ein, die er im Lauf der vergangenen Kapitel kennengelernt hat, und kehrt schließlich an jenen Ort zurück, an dem alles angefangen hat: Nevarro. Hier wartet Greef Karga (Carl Weathers) mit einem Angebot, das der Mando nicht ablehnen kann. Und ja, auch The Client (Werner Herzog) ist in die Angelegenheit involviert.
Obwohl das Imperium längst untergegangen ist, haben die verbliebenen Streitkräfte in Nevarro das Sagen übernommen. Stormtrooper marschieren durch die Straßen und lassen den sowieso recht tristen Planeten noch unfreundlicher wirken als zuvor. Eine Entwicklung, die auch Greef Karga ein Dorn im Auge ist. Um den endgültigen Machtverlust zu verhindern, will er The Client und seiner Gefolgschaft das Handwerk legen. Dafür benötigt er jedoch die Hilfe des Mandalorianers, dem er im Gegenzug verspricht, seinen Namen in der Kopfgeldjägergilde reinzuwaschen. Es ist definitiv ein verlockendes Angebot, ausgehend von den jüngsten Ereignissen lässt der nächste Hinterhalt nicht lange auf sich warten.
Nachdem Serienschöpfer Jon Favreau bei den letzten beiden Folgen als Drehbuchautor ausgesetzt hat, schlägt er nun den Bogen zum Anfang der Staffel und rekrutiert dafür drei zuvor eingeführte Figuren: Cara Dune (Gina Carano), Kuiil (Nick Nolte) und den inzwischen zum freundlichen Hilfsdroiden umprogrammierten IG-11 (Taika Waititi). Ehe sich der Mandalorianer in die Fänge seiner Kontrahenten begibt, stellt er sich seinen eigenen Suicide Squad zusammen, zu dem – Kuiils besteht darauf – auch drei Blurrgs gehören. Kurze Zeit später stellt sich heraus: Der Mandalorianer hätte gar nicht genug Verstärkung mitbringen können, denn der Feind lauert hinter jeder Ecke.
Wenngleich Baby Yoda durch Machtheilung (looking at you, The Rise of Skywalker) zumindest Greef Karga ins Gewissen reden und ihn von seinem ursprünglichen Plan abbringen kann, überrascht The Reckoning mit der Enthüllung des eigentlichen Bösewichts: Moff Gideon (Giancarlo Esposito). Zuvor erhalten wir einen letzten großen The Client-Monolog. „Look outside. Is the world more peaceful since the revolution? I see nothing but death and chaos“, erzählt er mit ehrfurchtsvoller Stimme, als würde Werner Herzog von seinen Abenteuern im Dschungel berichten. Unbedingt möchte er das Kind sehen, dem er seit Wochen hinterherjagt. Schlussendlich soll ihm sein großer Wunsch aber verwehrt bleiben.
Verspricht er eben noch „We all will be quiet“, um Baby Yoda nicht aufzuwecken, folgt im nächsten Moment eine verheerende Schießerei, die Regisseurin Deborah Chow vor allem als Steilvorlage nutzt, um Giancarlo Esposito einen ersten eindrucksvolle Auftritt in The Mandalorian zu gewähren. In Breaking Bad und Better Call Saul verkörperte er als Gus Fring bereits einen der denkwürdigen Serienbösewichte der Dekade. Nun erobert er mit seinem präzisen Schauspiel das Star Wars-Universum. Dabei schlummert die womöglich größte Gefahr sogar auf Seiten der Guten – wortwörtlich in einer von Kuiil angefertigten, schwebenden Wiege. Denn das machtsensitive Baby Yoda kann nicht nur Wunden heilen.
So tobt sich das sonst so liebenswürdig Geschöpf nach Herzenslust im Cockpit der Razor Crest aus und würgt Cara mit der Macht, als würde tief in seinem Inneren ein kleiner Darth Vader schlummern, der es gar nicht erwarten kann, sich von seinen Offizieren auf der Brücke der Executer zu verabschieden. Ein gefährliches Missverständnis, denn eigentlich wollte der kleine Racker nur seinen Mando-Papi beschützen, der beim Armdrücken gegen Cara antritt. Hier offenbart The Mandalorian nicht nur eine unheimlich Facette seines putzigen Stars, sondern erzählt uns ebenfalls geschickt mehr über seine Beziehung zu Pedro Pascals Mandalorianer.
Ein düsterer Einschlag in eine Episode, die nach anfangs hoffnungsvollen Gesten (IG-11s zweite Chance zum Beispiel) mit einer noch niederschmetternden Note endet. Kuiils Tod markiert die bisher wohl tragischste Entwicklung der Serie. In der ruchlosen Kopfgeldjägerwelt, in der niemand vor dem anderen sicher ist, trat der Ugnaught als gewissenhafter Botschafter auf, der neue Perspektiven eröffnete und damit jenem Chaos trotzte, das in The Mandalorian die weit, weit entfernen Galaxis erschüttert. Als Prolog für das bevorstehende Finale profitiert The Reckoning definitiv von diesen aufwühlenden Minuten inklusive Cliffhanger und verdeutlicht die Fallhöhe für den Mando und seine Crew.
The Mandalorian © Disney+
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