„Life is what happens while you are busy making other plans.“ So das Zitat eines nicht ganz unbekannten Musikers, das als Texttafel zu Beginn von Whatever Happens erscheint. Der kurz darauf eingeblendete Titel unterstreicht die Einstellung des Films, der eine Geschichte des Lebens erzählen will und sich dafür exemplarisch eine junge Familie herausgesucht hat, die gleichermaßen in einem Zustand des Entstehens wie des Zerbrechens befindet. Als Hannah (Sylvia Hoeks) bei einer Wohnungsbesichtigung zum ersten Mal auf Julian (Fahri Yardım) trifft, ahnt keiner der beiden, dass sie sieben Jahre später diese am Silvesterabend neu streichen müssen, während gleichzeitig der Vermieter Druck macht und der Polterabend der besten Freunde stattfindet. Fast wie in einem Theaterstück baut sich Whatever Happens in räumlicher Knappheit auf und entwirft ein Problem nach dem anderen, was anfangs ein befremdendes Gefühl von Konstruktion hervorruft. Erst im Lauf der Zeit, wenn sich die einzelnen Puzzleteile zusammenfügen, verdient sich der von Niels Lauert geschriebene und inszenierte Film seine Wendungen.
Entscheidend ist dabei vor allem die Kommunikation, so formuliert es auch Hannah gegenüber jungen Kolleg_innen, denen sie wichtige Dinge für den Berufsalltag beibringen soll. Es geht darum, genau hinzuschauen, ohne den Gorilla im Raum zu übersehen, der in einem weniger subtil integrierten Video sogar exemplarisch zu sehen ist. Wenngleich Whatever Happens stellenweise zu viele konkrete Hinweise liefert, in welche Richtung sich die nachfolgenden Minuten bewegen, so sind dem Film gerade die Momente anzurechnen, in denen er sich frei bewegt, ein Wagnis eingeht und damit verblüfft. Dann passiert es zum Beispiel, dass die Kamera wie angewurzelt in der Küche stehen bleibt, obgleich die Szene expandiert. Der eine Blick in den Raum genügt jedoch, um all die vonstattengehenden Ereignisse zu erfassen. Selbst wenn die Welt groß und kompliziert ist, reicht es unter Umständen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, um das vollständige Ausmaß der Situation zu verstehen. Bewusst setzt Whatever Happens Schwerpunkte und sparrt dadurch einiges an Konventionen ein. Gänzlich frei von diesen ist der Film trotzdem nicht.
In Anbetracht all der geschickten Entscheidungen, die Niels Lauert trifft, um bestimmte Stationen intensiver zu beleuchten, während er andere komplett ausspart, fühlt sich Whatever Happens streckenweise so an, als wäre das Potential ungenutzt geblieben. Von all den Möglichkeiten, die sich durch das Überspringen obligatorischer Geschehnisse ergeben, werden zu wenige entschlossen genutzt, was im schlimmsten Fall dazu führt, dass ein erwarteter Platzhalter durch einen weniger erwarteten Platzhalter ersetzt wird. Dass der angenehme Erzählfluss davon nicht beeinträchtigt wird, liegt schlussendlich daran, dass Sylvia Hoeks und Fahri Yardım engagiert in ihren Rollen aufgehen, so stereotyp die Veranlagung ihrer Figuren auf den ersten Blick sein mag. Der Mann, der das Zuhause übernimmt, während sich die Frau in ihrer Karriere verliert – der zentrale Konflikt des letzten Akts wird sehr klar vorbereitet und offenbart konservative Strukturen, die sich der Film nicht unbedingt eingestehen will. Gleichzeitig strebt die Erzählung immer nach einer Alternative, integriert diese sogar als drohendes Damoklesschwert.
Und dann sind da noch die ständig von Licht durchfluteten Bilder, die in ihrer Ästhetik so traumhaft wie aufgeräumt wirken, dass sich früher oder später ein Widerspruch daraus ergeben muss. Was in der Münchner Wohnung eine warme Atmosphäre zutage fördert, sorgt in Frankfurts Bürotürmen für eine durchbohrende Kälte, die sich schleichend ausbreitet. Niels Lauert arbeitet sehr viel mit diesen Kontrasten, die auf der gleichen Grundlage basieren und trotzdem zwei völlig verschiedene Eindrücke vermitteln können. Erzählerisch aufgegriffen durch die Tatsache, dass Julian selbst als Fotograf arbeitet und seine Models vorzugsweise gegen helle Vorhänge ablichtet, stellt sich irgendwann trotzdem die Frage, welchen Einschlag Whatever Happens wirklich hinterlassen will, wenn jedes angedeutete Fazit am Ende ausformuliert und nur wenig der Fantasie überlassen wird. Es verhält sich beinahe wie mit dem Gorilla im bereits erwähnten Video, der unerkannt durch die Gegend läuft, ehe im Nachhinein darauf hingewiesen wird. Whatever Happens tendiert ebenfalls dazu. Zum Glück besitzt der Film dennoch ein paar der schönen, ungeklärten Augenblicke.
Whatever Happens © Universum Film
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