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Batman v Superman: Dawn of Justice – Kritik

„Tell me. Do you bleed.“, fragt der Mensch den Gott, ganz archaisch und von jeglicher kontrollierbaren Dimension verlassen. Mickrig ragt der schwarze Ritter aus seiner Rüstung, versucht grimmig dem Gegenüber die alles entscheidende Frage zu stellen. Einen Beweis von Verletzlichkeit fordert der arme Tropf, der sich später im Scharmützel durch die tristen Gänge eines heruntergekommenen Anwesen schleppt, als hätte er ein Gros seines Lebens längst hinter sich gelassen. Müde und erschöpft wirkt der pummelige Berserker. Doch der Mann aus Stahl wendet ihm lediglich den Rücken zu, verlässt die Erde und fliegt den Schleusen den Himmels entgegen. Was bleibt, sind Regentropfen, unzählig und unerbittlich prasseln sie zur Erde. Irgendwo im Hintergrund erleuchtet ein Blitz den düsteren Horizont und fast ein bisschen bemitleidenswert murmelt Batman (stoisch: Ben Affleck) ein verhaltenes „You will.“ ins finstere Nichts. Superman (emotional isoliert: Henry Cavill) befindet sich zu diesem Zeitpunkt allerdings längst außer Reichweite und hinterlässt nichts als das brodelnde Gemüt eines Mannes, den die Enttäuschung des Lebens komplett zerfrisst – der Kampf der Giganten scheint unabwendbar.

So überhöht sich die Umschreibung jener zentralen Sequenz in Batman v Superman: Dawn of Justice anhören mag: Sie ist ein Versprechen, das Zack Snyder im gesamten Film nie einlösen wird. Das Kräftemessen beider Titanen versteckt sich zum Schluss hinter dem Schein purer Behauptung, obgleich im überlangen, aber durchaus nicht uninteressanten Vorspiel die Erwartungen auf den ersten Faustschlag ins unerträgliche gepeitscht werden. Wenn es dann endlich zur Sache geht, zerschellt die Superhelden-Konfrontation jedoch auf der großen Leinwand. Egal, wer am Ende blutet: Vor lauter Krawall hätte es sowieso niemand bemerkt. Im tosenden Chaos erstickt ein Jahrhundertsclash, der eigentlich selbst zu einer Hochzeit der Comic-Adaptionen, wie wir sie gerade im Kino erleben, für Aufsehen sorgen sollte. Immerhin gibt es neben den titelgebenden Heroen auch den ersten Auftritt von Wonder Woman (on point, nur leider viel zu rar: Gal Gadot) im DCEU zu bestaunen. Aber selbst bei einem namhaften Line-up wie diesem, das alleine durch seine Konstellation für Neugier sorgt, schaltet Batman v Superman: Dawn of Justice ab einem gewissen Punkt auf Autopilot und lässt sich widerstandslos unter den Trümmern einer endlosen Materialschlacht begraben.

Es ist regelrecht ironisch, dass sich sowohl in den ersten als auch den letzten Atemzügen des Films ein Begräbnis im Mittelpunkt der Geschehnisse befindet. Jeweils in Verbindung mit einer Parallelmontage wird der Verlust als zentraler Knackpunkt der Geschichte etabliert – und unter dem daraus resultierenden Schmerz kann selbst ein Mann zerbrechen, der nicht bluten kann. Kein Wunder, dass die Superhelden im DCEU große Zweifler ihrer selbst sind. Wenn er sich als Batman nicht unter seiner Maske und grell leuchtenden Augen verstecken kann, blickt Bruce Wayne betrübt in seiner isolierten Behausung umher, ständig unzufrieden mit dem Stand der Dinge. Auch Superman steht die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben, selbst dann, wenn er inmitten einer Menschenmenge in Mexiko nach der Rettung einer Frau zum messianischen Figur auserkoren wird. Ein Grübeln, das sich durch den gesamten Film zieht, leider aber ständig von den gleichen Argumenten untermauert wird. Zwar suchen die Figuren zunehmend Rat bei ihren Liebsten oder bekommen ihn ungebetenerweise in Form eines sarkastischen Kommentars aufgedrückt. Auf ihrer Suche nach dem Anbruch von Gerechtigkeit bewegen sie sich aber nur im Kreis.

Dabei erweckt Batman v Superman: Dawn of Justice gerade in seinen einleitenden Minuten den Eindruck, die Situation mit nur wenigen Handgriffen unter Kontrolle zu bekommen. Während Bruce Wayne im Rahmen eines Flashbacks seine Eltern verliert, wartet die Gegenwart mit der Zerstörung von Metropolis auf. Jenes umstrittene, weil gänzlich unreflektierte Finale aus Man of Steel erlangt durch den Perspektivenwechsel nicht nur einen neuen, unerwarteten Reiz. Nein, auf einmal ist sogar die gesamte Gravitas hinter dem Spektakel sichtbar: Irgendwo in der Ferne prügeln sich Superman und General Zod durch ein Hochhaus nach dem andern. Am Boden der Tatsachen rennen die Erdenbürger verzweifelt um ihr Leben. Auch Bruce Wayne muss bezeugen, wie die Welt im metaphorischen 9/11-Trauma in sich zusammenstürzt. Der Grundstein für das Misstrauen beider Parteien wurde gelegt und für einen weiteren Moment hält Batman v Superman: Dawn of Justice die Illusion aufrecht, die gekonnt ausgeschöpfte Prämisse würde sich in einen spannenden Diskurs hinsichtlich der zentralen Vigilantenfrage verwandeln, befeuert durch die unberechenbare Präsenz von Lex Luthor (erfrischend frei in seiner Interpretation: Jesse Eisenberg).

Zack Snyder, der sich mühevoll an einem holprigen Script aus der Feder von David S. Goyer und Chris Terrio entlang hangelt, sucht dabei stets die großen Gesten in einem Konflikt, dem er sich bereits 2009 mit der Alan Moore-Adaption Watchmen angenähert hat. Der Regisseur bewegt sich thematisch also in vertrauten Gefilden und dementsprechend ist es kein Wunder, dass Batman v Superman: Dawn of Justice überdurchschnittlich viel Vorwissen seitens der Zuschauer erwartet. Mitunter gewährt der Film bloß ein paar lockere Eckdaten, wenn es etwa um Bruce Waynes Backstory geht. Viele Dinge werden in der Erzählung nur angedeutet, gleichzeitig offenbart sich dieser Umstand als große Stärke des ersten Aktes, da er ganz subtil von einer unfassbaren Vorgeschichte kündet. Verlassen stehen die Überreste eines zerfallenen Wayne Manors auf weitem Feld und in der Batcave hängt Robins Rüstung, verziert mit einer grellen Schrift, die in ihrer unverwechselbaren Eigenart zweifelsohne auf den Joker zurückzuführen ist. Batman v Superman: Dawn of Justice leistet Ungeheures, wenn es um das geheime Zusammenspiel all dieser Andeutungen geht, ist sich dieses verborgenen Abgrunds meistens allerdings überhaupt nicht bewusst oder schenkt ihm schlicht keine Aufmerksamkeit.

Wenn Alfred (sarkastisch-trübsinnig: Jeremy Irons) die Situation mit seiner mühsam zusammengetragenen Erkenntnis aus vergangenen Tagen kommentiert, jagt es einen geradezu eiskalt einen Schauer den Rücken hinunter. Ärgerlicherweise machen sich diese Augenblicke unbehaglicher (Un)Ruhe mit fortschreitender Laufzeit zu raren Unterbrechungen in einem Film, der sich auf der vergeblichen Suche nach einer eigenen Identität befindet. Grobmotorisch laufen einzelne Storylines zusammen oder werden nach aufwendiger wie umständlicher Einführung gänzlich gekappt; selten wirkt das Geschehen im Einklang. Als würden die Figuren jedes Mal aus einer anderen Welt die Grenze in ein fremdes Land überschreiten und sich wundern, an welch merkwürdigem Ort sie gelandet sind, stolpern die Held_innen dieser Superhelden-Sage aufeinander zu. Richtig dynamisch geht die Kollision jedoch nur ein einziges Mal vonstatten, als sich Superman, Batman, Wonder Woman und Lex Luthor unter dem Leitmotiv der Philanthropie in zivil das erste Mal über den Weg laufen. Dank eines verspielten Untertons gehört diese Sequenz zu den wenigen Passagen in Batman v Superman: Dawn of Justice, in denen der Film sein enges Korsett verlässt und atmet. Frei von aller Erfüllungslast: Für den Bruchteil einer Sekunde kann man sich beinahe im gegenseitigen Versteckspiel verlieren.

Sobald allerdings die Egos miteinander kollidieren, stürzt Batman v Superman: Dawn of Justice wie Lois Lane (bemüht, aber am Verzweifeln: Amy Adams) im freien Fall vom LexCorp-Tower und geht irgendwo im Nirgendwo unter. Als hätten die Autoren im Angesicht unzähliger Plotpoints und deren Unvereinbarkeit kapituliert und blind auf Überwältigung durch ein außerordentlich uninspiriertes Tohuwabohu gesetzt: Das Erschreckende ist, dass nicht einmal der im Titel verewigte Zweikampf – und letzten Endes ist es genau dieses Aufeinandertreffen, das aus dem einfachen Comic-Blockbuster ein großes Event macht – aus der tauben Masse martialischer Prügelszenen herausstechen kann. Spätestens mit der Ankunft von Doomsday, der obligatorischen Monsterfigur im finalen Akt, die wie der Gott aus der Maschine aus dem Nichts erscheint, vermag es nicht, die Unglücklichen beim Gerangel einzuheizen. Zu allem Übel verdrängt der Koloss aus Schlamm und (den sterblichen Überresten von General) Zod nicht nur den über weite Strecken rettenden Lex Luthor, sondern tötet mit seiner dumpfen Aura jegliches Restleben, das bis dorthin noch in Batman v Superman: Dawn of Justice steckte. Den Status quo verändern? Niemals! Wenn der Film wirklich am Rad dreht und dem eingangs erwähnten Versprechen nahe kommt, dann bloß im Schutzmantal einer gleichermaßen irritierenden wie unverbindlichen Traumvision.

Batman v Superman: Dawn of Justice © Warner Bros.