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Man of Steel – Kritik

Bereits im gigantischen Prolog tobt Krieg. Aufstand, Rebellion, Putschversuch und Machtergreifung. Danach folgt die absolute Zerstörung. Im Feuerregen zerschellen Schlachtschiffe, von Asche bedeckte Trümmerhaufen verschlingen den Ort des Geschehens und während sich die epische Bandbreite einer finalen Kollision entfaltet, bricht Kryptons Zivilisation in sich zusammen. Unvermeidbare Weltvernichtung und verheerender Niedergang – ein Opening so düster und gewaltig, dass sich das Schlachtfeld unmittelbar später auf die Erde verlagern muss, um die soeben erlebten Origin-Mythologie als universalen Kampf von Gut und Böse zu etablieren. Hier ereignet sich die Erschaffung eines neuen (Superman- bzw. DC-)Universums, das minütlich expandiert – angetrieben von Hans Zimmers voluminösen und sich stets steigernden sowie donnerndem Score, der jeden Augenblick einen Showdown erwarten lässt. Tatsächlich arrangiert Zack Snyder seinen Man of Steel als Monstrum von Comic-Blockbuster, das gerne die Dimension jeglichen Schlussakts sprengen würde und im Grunde ein einziges Finale ist. Aufgewühlt und geradezu unkontrolliert rast der Mann aus Stahl durch sein eigenes Reboot, das zur tobenden Bestie mutiert und jeden Moment die Leinwand zu zerreißen droht.

Wo sich Bryan Singers Superman Returns vor einigen Jahren irgendwo zwischen naivem Charme, klassischer Aufmachung und nötiger Übertreibung – also ganz im traditionellen Drive der Comic-Adaption – wiederfand, weht der Wind anno 2013 aus der völlig entgegengesetzten Richtung. Die knallige Bilderwelt, wie sie Bryan Singer (X-Men) sowie Sam Raimi (Spider-Man) zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Genre etablierten, bleibt Zack Snyders stählernem Berserker eine verborgene. Seine Welt ist eine kühle, finstere – beinahe schon trostlose und deprimierende – Vision des ursprünglichen sowie zugrundeliegenden Superheldenmythos. Gleichzeitig pulsiert im Inneren dieser durchgestylten Zerstörungsorgie der Revolutionsgedanke, das Verlangen nach Grenzüberschreitung und nicht zuletzt der Ausbruch aus der geerdeten respektive realistischen Herangehensweise. Spätestens wenn Henry Cavill und Michael Shannons Körper im tosenden Endkampf kollidieren, entledigt sich Man of Steel vollkommen dieser Vorgabe und driftet Richtung reißerisches Science-Fiction-Action-Spektakel.

Wenn Man of Steel diese Dimension erreicht – wobei es in Anbetracht der von Beginn an brodelnden Endschlacht schwer fällt diesen Punkt auszumachen – tobt sich Zack Snyder regelrecht in seinem Element der überstilisierten Inszenierung aus. Wie eine Furie überschlägt sich der Film, verschluckt sämtliche von David S. Goyer niedergeschriebene Textzeilen und verwandelt sich in den obig erwähnten, endlosen Showdown. Eine Materialschlacht sondergleichen, die einen Klimax nach dem anderen heraufbeschwört, in ihren besten Momenten mit atemberaubenden Action-Sequenzen begeistert, sich jedoch kurze Zeit später der absoluten Redundanz hingibt. Apokalyptisches Tohuwabohu und temporeicher Krawall bilden die Ecksäulen dieses Konstrukts, das nach Krypton auch Supermans irdische Heimat – konkret: Smalville und Metropolis – dem Erdboden gleichmacht. Von unruhigen sowie kaum fokussierten, dafür aber mit lebhaftem Zoom (à la Battlestar Galactica, Firefly oder jüngst Star Trek Into Darkness) arbeitenden, Einstellungen eingefangen, entstehen daraus – trotz der überschaubaren Motive und Szenarien – faszinierende Kompositionen.

Schließlich gibt der reizvolle, audiovisuelle Action-Overkill mit polternden Pauken im Effektgewitter einen letzten Aufschrei von sich und kommt in den vertrauten Hallen des Daily Planet zum ersten Mal nach knapp zweieinhalb Stunden Epos zur Ruhe. Wenn Henry Cavill die Superman-Suit ablegt und bewusst die Rolle seines Alter Egos Clark Kent aufnimmt, erfolgt dieser Schritt fast analog zur James Bond-Werdung in den letzten Minuten von Casino Royale. Dass im Rahmen des vergangenen Geschehens die Figur der titelgebenden Ikone dennoch recht unerreichbar erscheint, ist zweifelsohne auf das erstickte beziehungsweise unausgeglichene Script zurückzuführen. Während sich Amy Adams‚ anfangs starke Lois Lane im späteren Verlauf der Rage von Michael Shannons General Zod beugen muss, bleibt auch der Mann aus Stahl ein unangetastetes Geheimnis seiner selbst, das sich ausschließlich durch bereits manifestierte Umschreibungen definiert. Ein rohes Comic-Monster. Irgendwo (in sich verborgen) sicherlich großartig. Ansonsten auch. Aber mit eindeutigen Schwächen. Und zwischen all dem tigert Russell Crowes Jor-El-Inkarnation leicht unbeholfen durch den überbordenden Rausch eines traumatisierten Post-9/11-Superheldenfilm.

Man of Steel © Warner Bros.