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The Lighthouse – Kritik

Durch eine dichte Nebelwand dringt das Schiff, das den Leuchtturmwärter Thomas Wake (Willem Dafoe) mit seinem neuen Gehilfen Ephraim Winslow (Robert Pattinson) an seinen Bestimmungsort bringt. Begleitet vom mächtigen Dröhnen des Nebelhorns gelangen die beiden Männer auf eine kleine Insel, auf der sie die nächsten vier Wochen verbringen werden. Ein gottverlassener Ort am Ende der Welt: Wenn das Licht des Leuchtturms erlischt, verschlingt die Dunkelheit alles und jeden. Was folgt, ist ein klaustrophobischer Albtraum, der direkt vor den Toren des Wahnsinns mündet, während die Wellen unerbittlich auf raue Felsen schlagen und der Regen selbst den letzten Hoffnungsschimmer auf ein Entkommen von diesem trostlosem Gefängnis erstickt.

The Lighthouse, der zweite Kinofilm von Robert Eggers, ist wahrlich eine außergewöhnliche Erfahrung, die in schaurigen, unheilvollen Schwarz-Weiß-Bildern die große Leinwand erobert und eine beklemmende Stimmung heraufbeschwört. Bereits das Seitenverhältnis 1,19:1 bringt ein niederschmetterndes Gefühl für Enge und Einsamkeit mit, während die garstige Gestaltung der Umgebung ihr Übriges tut: Die Natur hat den Leuchtturm fest im Griff, genauso wie die zwei Männer, die den letzten Außenposten vor der ewigen Finsternis instand halten sollen. Das Elend aus Matsch, Dreck und Feuchtigkeit raubt ihnen jedoch den Verstand, besonders im Hinblick auf die Versuchung durch das glühende Licht, das Begehren schafft.

Inspiriert von Herman Melvilles Erzählungen und dem Schaffen von Sarah Orne Jewett fühlt sich The Lighthouse wie ein Film an, der über mehrere Jahrzehnte vergessen in einer Truhe schlummerte und nun an einen Ort entführt, um den sich nur noch Mythen und Legenden ranken. Es ist eine dieser Geschichten um deren Existenz jeder Seemann weiß, aber niemand traut es sich, sie zu erzählen. Zu hoffnungslos und düster geht sie aus, diese Geschichte von zwei Männern, denen nichts anderes übrig bleibt, als sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, während um sie herum die Welt untergeht und das verführerische Licht des Leuchtturms das einzige ist, was sie zusammen mit dem Alkohol am Leben hält, gleichzeitig aber auseinandertreibt und in den Abgrund stürzt.

Eine unheimlich selbstzerstörerische Kraft wohnt The Lighthouse inne – gewissermaßen wissen wir von Anfang an, dass diese beiden Männer nie wieder auf das sichere Festland zurückkehren werden, allerdings nicht, weil die See sie bei jedem Fluchtversuch mit wuchtigen Wellen zurück auf die Insel peitscht. Stattdessen gehen die Leuchtturmwärter an ihrem eigenen Misstrauen zugrunde. Es ist die Furcht vor dem jeweils anderen und die Furcht vor sich selbst, die Thomas Wake und Ephraim Winslow in die Verdammnis treibt und sich gegenseitig zerfetzen lässt. Robert Eggers, der gemeinsam mit seinem Bruder Max Eggers das Drehbuch schrieb, inszeniert diesen Machtkampf als apokalyptisches Aufeinandertreffen zweier Generationen, denen jegliche Perspektive abhanden gekommen ist.

Sein Film taucht immer tiefer ein in die Hoffnungslosigkeit der Figuren, die nach und nach ihre menschlichen Eigenschaften ablegen und selbst die Zeit sowie den Ort vergessen, an dem sie sich befinden. Am Ende ist da nur noch der nackte Fels, auf dem Körper aufschlagen und zerschellen, wenn sie nicht schon zuvor in einem schlammigen Loch versunken sind. Der Wahnsinn brodelt in jeder Einstellung dieses rohen Films, der wie ein Monument existiert, einfach da ist. Für Robert Eggers stellt dieses filmische Zeugnis eine bemerkenswerte Weiterentwicklung gegenüber seinem Leinwanddebüt The Witch dar, das in vielerlei Hinsicht noch zu kontrolliert und kalkuliert wirkte. The Lighthouse dagegen geht in einem überwältigenden Tosen auf, komplett in sich versunken als Film.

Mit Willem Dafoe und Robert Pattinson stehen Robert Eggers kompromissloser Vision zwei fabelhafte Schauspieler zur Seite, deren furioses Zusammenspiel die bedrohliche, ausweglose Atmosphäre des Films zusätzlich steigert. Sie rülpsen, furzen und spucken – doch was ihre Präsenz so unglaublich macht, ist die Eindringlichkeit ihrer Blicke, mit denen sie sich im Kerzenschein begegnen, während die Fenster knarzen und der Regen von der Decke tropft. Diese Augen haben Dinge gesehen, die nicht einmal das schwarz-weiße Inferno von The Lighthouse in all seinen verstörenden Aufnahmen abbilden kann. Robert Eggers schleust dennoch eine Ahnung, ein Gefühl für all das Unfassbare in den Film, der sich hinter der dicken Nebelwand versteckt.

The Lighthouse © Universal Pictures