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A Star Is Born – Kritik

Ein Kino-Märchen für die Ewigkeit: Mit A Star Is Born hat sich Schauspieler Bradley Cooper für sein Regiedebüt eine Geschichte ausgesucht, die fast so alt ist wie Hollywood. Zum vierten Mal erobern die tragischen Ereignisse einer unerwarteten Liebe die große Leinwand, wobei sich die Grundzüge der Erzählung genau genommen bis ins Jahr 1932 zurückverfolgen lassen. In der Pre-Code-Ära inszenierte George Cukor mit What Price Hollywood bereits eine erste Version des Dramas, ehe William A. Wellman fünf Jahre später den ikonischen Titel vorstellte und Cukor noch einmal auf dem Regiestuhl des 1954 erschienen Remakes Platz nahm. Der letzte A Star Is Born liegt derweil über vier Dekaden in der Vergangenheit zurück und wurde von Frank Pierson in Szene gesetzt. In einer Zeit, in der populäre Stoffe gerne wieder hervorgeholt werden, verwundert es geradezu, dass es so lange gedauert hat, bis wir die nächste Interpretation des aufgegangenen Sterns am Kino-Himmel bestaunen dürfen. Das Warten hat sich dieses Mal dafür wirklich gelohnt, selbst wenn der Film nicht perfekt und definitiv zu lang ist.

An der Grundkonstellation hat sich auch im Jahr 2018 wenig verändert. A Star Is Born folgt erneut einem erfolgreichen Mann, der das Talent einer Frau erkennt, in die er sich verliebt, während zerstörerische Kräfte das unschuldige Glück in Gefahr bringen. Mit dem Aufstieg des neuen Stars erfolgt der Fall des alten. Eine faszinierende Bewegung, die – erst einmal angestoßen – nicht aufzuhalten ist und poetische wie dramatische Bilder zum Vorschein bringt, wenn am Ende nur ein Traum in Erfüllung gehen kann, als müsse ein Ausgleich in der Welt geschaffen werden. In A Star Is Born brodelt folglich eine unbeschreibliche Unruhe, die das Glück regelmäßig am Kliff des Erfolgs zerschellen lässt und erst in bitterster Konsequenz zur Ruhe kommt. All die Momente, die A Star Is Born dazwischen erwischt, sind jedoch von ergreifender Menschlichkeit und sprechen somit eine universelle Sprache. Dabei gelingt Bradley Cooper das Kunststück, mit seiner Neuauflage die Zeitlosigkeit der Prämisse zu wahren und trotzdem einen Film abzuliefern, der genau den gegenwärtigen Zeitgeist entspricht.

Entgegen jeglicher Skepsis ob der Notwendigkeit eines weiteren Updates wird allein in der ersten Sequenz seines Films deutlich, warum sich Bradley Cooper ausgerechnet A Star Is Born als Regiedebüt ausgesucht hat. Zwei Einstellungen reichen, um womöglich die mitreißendste Liebesgeschichte des Kinojahres in Stellung zu bringen. Wenn sich in einer Bar die Blicke von Ally (Lady Gaga) und Jack (Bradley Cooper) zum ersten Mal begegnen, dann ist sogar die zuvor in aller Deutlichkeit eingeführte Alkoholsucht des Country-Musikers vergessen. Ohne ein Wort miteinander zu sprechen, verlieben sich die Figuren, als wäre dieses Ereignis seit Anbeginn der Zeit vorherbestimmt gewesen. Ab diesem unwahrscheinlichen Augenblick will die Kamera ihre zwei Stars gar nicht mehr aus den Augen lassen und folgt ihnen durch lichtdurchflutete Räume, bis der Film im Rahmen eines Duetts seinen ersten Höhepunkt unmittelbar im Scheinwerferlicht findet. Neben der packenden Musik sind es vor allem Matthew Libatiques einnehmenden Bilder, die diese Liebe voller Begeisterung zum Ausdruck bringen.

Bradley Cooper erweist sich dabei als überraschend aufmerksamer Regisseur, der seinen Figuren eine unglaubliche Natürlichkeit verleiht, besonders, wenn er sie im Dialog aufeinandertreffen lässt. Es ist ein Verlieben voller roher Gesten, die mehr vom Zweifel der ausgehenden Lichter künden als der Unbeschwertheit des Sonnenuntergangs. Wie sich Lady Gaga und Bradley Cooper in die Augen schauen, zeugt von ultimativer Leinwandchemie und besitzt eine hypnotisierend Kraft sondergleichen, vor allem dann, wenn die Beziehung aus einen neuen Blickwinkel beleuchtet wird. A Star Is Born erfindet sich trotz der altbekannten Grundbausteine immer wieder neu und entdeckt in den Nebenfiguren spannende Gedanken, die für berührende Impulse sorgen. Insbesondere Sam Elliott, der Jacks älteren Bruder Bobby verkörpert, deutet einen weitaus fataleren Schmerz an, als ihn Bradley Cooper alleine spielen kann. Alle Mitglieder des Ensembles beeinflussen sich gegenseitig – eine Wechselwirkung, die die feinfühlige Seite von A Star Is Born effektiv steigert.

Und genau an diesem Punkt kommt A Star Is Born wieder bei seiner inneren Ungeduld an, die keine zwei Erfolge zulässt, als wäre es ein ungeschriebenes Gesetz. Das Universum befeuert die Liebe von Ally und Jack, im gleichen Atemzug sorgt es aber auch dafür, dass die beiden zunehmend auseinanderdriften. Besonders Jacks toxische Gewohnheiten beschwören diesen Untergang, ganz egal, wie sehr beide Seiten versuchen, dem drohenden Ende entgegenzuwirken. A Star Is Born begegnet dem Scheitern mit aufrichtigem Interessen, ist dafür sogar bereit, die Magie der ersten Hälfte zu opfern, wenn Jacks Probleme die Überhand gewinnen. Es ist durchaus bemerkenswert, wie gewillt Bradley Cooper ist, seinen verträumten Film einzureißen, um eine aufwühlende Auseinandersetzung mit den Figuren zu ermöglichen. Das Wagnis zahlt sich aus und meistert den Spagat schlussendlich mit Bravour: A Star Is Born anno 2018 kann verzaubern, aber ebenso mit niederschmetternden Entscheidungen ein emotionales Loch hinterlassen.

A Star Is Born © Warner Bros.