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Ein Science-Fiction-Epos 20 Jahre in der Entstehung: Robert Rodriguez und Jon Landau über Alita: Battle Angel

Ursprünglich sollte Alita: Battle Angel im Dezember 2018 die große Leinwand erobern, nun kommt die Verfilmung des neunteiligen Mangas von Yukito Kishiro am 14. Februar 2019 in die deutschen Kinos. Aus diesem Anlass fand am Mittwoch im AXICA Kongress-und Tagungszentrum in Berlin eine Pressekonferenz statt. Regisseur Robert Rodriguez, Produzent Jon Landau sowie Hauptdarstellerin Rosa Salazar und ihr Co-Star Christoph Waltz stellten den aufwendigen Science-Fiction-Blockbuster vor, der anfänglich von James Cameron entwickelt wurde.

„Dieser Film befindet sich seit 20 Jahren in der Entstehung“, erklärt Robert Rodriguez. Bereits 1999 sicherte sich James Cameron die Rechte von Yukito Kishiros einflussreichem Werk, das eine zeitlose Geschichte erzählt, wie Jon Landau betont. Er ergänzt, dass jeder Cameron-Film diese Zeitlosigkeit in seiner Geschichte besitzt. Der Erfolg von Titanic, Terminator und Avatar geben ihm recht – bis heute sind die Stoffe fester Bestandteil der Popkultur. Letztgenannter Film ist mit seinen geplanten Fortsetzungen schlussendlich sogar schuld daran, dass Cameron die Verfilmung von Alita: Battle Angle, die er 2005 umsetzen wollte, zehn Jahre später in die Hände von Robert Rodriguez übergeben hat.

Alita: Battle Angel ist eine Geschichte über unsere heutige Welt

Cameron konnte sein Alita-Skript nie fertigstellen. An diesem Punk begann die Arbeit für Rodriguez, der den visionären Regisseur offenbar von seinen Ideen überzeugen konnte. Nun basiert Alita: Battle Angel überwiegend auf den ersten zwei Teilen der Vorlage, greift aber ebenfalls Ereignisse – etwa die Motorball-Passagen – aus dem dritten und vierten Teil auf. Jon Landau, ganz der überzeugende Produzent und Redner, spricht außerdem davon, dass Alita: Battle Angel nie nur als eine lieblose Hollywood-Adaption gedacht war, sondern als eine „cinematic interpretation“, die den Ausgangsstoff bewusst mit der Kraft bewegter Bilder zum Leben erweckt.

„Es ist eine Geschichte über uns heute, über unsere Welt. Dafür eignet sich Science-Fiction besonders und der Film macht da keine Ausnahme“, erläutert Waltz, für den Alita: Battle Angel nicht nur ein Abenteuerfilm, sondern auch ein politischer Film und ein psychoanalytischer Film ist. Zudem versteckt sich hier ein Liebesfilm, der mit sentimentalen Momenten punktet, von großartigen Actionszenen ganz zu schweigen, die einen gewissen Nervenkitzel fördern. Waltz ist sichtlich angetan von der thematischen Vielfalt des Films und kommt schließlich auf die Beziehung zwischen Mensch und Technik zu sprechen.

Alita: Battle Angel

Er erzählt von Sensoren, die eines Tages ins menschliche Nervensystem eingeklinkt werden sollen, damit das Gehirn künstliche Gliedmaßen steuern kann. „Das ist Gegenwart“, fügt er nachdrücklich hinzu. Ob das gruselig ist? „Das müssen sie jemanden fragen, der nur einen Arm hat“, antwortet Waltz auf die Nachfrage einer Journalistin. „Für uns ist das unheimlich. Das heißt aber nicht, dass es wirklich gruselig ist. Für jemanden, der es brauchen kann, ist das eine technologische Entwicklung, die mehr als wertvoll ist.“ Von Elon Musks Plänen, solche Sensoren ins Gehirn zu pflanzen, um mittels artifizieller Intelligenz den Menschen zu perfektionieren – davon ist Waltz nicht begeistert: „Das halte ich für kindisch.“

Rosa Salazar berichtet derweil von ihrer Erfahrung, die Heldin des Films via Motion Capture zu spielen – oder wie Christoph Waltz sagen würde: „Emotion Capture“. Ihre Alita ist eine Heldin mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Sie muss sich allerdings auf eine Reise begeben, um sich selbst, ihre eigene Identität zu entdecken. Diese Reise ermächtigt sie, womit Alita: Battle Angle auch zum feministischen Film wird mit einer starken Protagonistin, die ihre eigenen Entscheidungen trifft. Darüber hinaus geht es um Inklusion, besonders im Hinblick auf Menschen mit körperlichen Einschränkungen.

Ohne Rosa Salazar wäre Alita: Battle Angel verloren

Auch Landau und Rodriguez stehen hinter ihrer Hauptdarstellerin. Bei Alita: Battle Angel war „der Fokus nicht auf Technologie, sondern auf das Casting gerichtet“, sagt Landau. „Wie finden wir jemanden, der diese Figur spielen kann?“ Mit Rosa Salazar sind die beiden überaus glücklich, denn selbst hinter den computeranimierten Effekten ist ihre Performance deutlich erkennbar. „Die Technik raubt nicht mehr die Magie“, bestätigt Rodriguez. Stattdessen ist sie mittlerweile so gut, dass sie der Arbeit nicht mehr im Weg steht, sondern diese so leicht wie nie zuvor macht. Praktische Sets wurden trotzdem nicht vergessen. Landau stellt fest: „Auch die machen einen großen Unterschied.“

Was bereits in den Trailer zu Alita: Battle Angel für Aufsehen gesorgt hat, ist später auch Thema im Gespräch: Alitas große Augen. Rodriguez erläutert dabei den Bezug zum Manga-Ursprung der Figur. Dieser sollte auch in der filmischen Umsetzung deutlich erkennbar sein. Gedreht wurde übrigens bewusst digital, denn so können die Details noch besser und schärfer dargestellt werden. Das ist gerade bei den Augen wichtig, da diese der Blick in die Seele sind, wo sich die Menschlichkeit dieses Films wiederfindet, der diese Frage beständig diskutiert. Stolz erzählt Landau außerdem, dass in einem Auge von Alita mehr Details stecken als bei Gollum in allen The Lord of the Rings-Films zusammen.

Alita: Battle Angel

Worauf die Fragen und Antworten der Pressekonferenz immer wieder zurückkommen: der Film in seiner Eigenschaft als Metapher auf die Probleme der echten Welt. „Nur weil etwas am Himmel ist und von unten wunderschön aussieht, heißt es nicht, dass man dort glücklich wird“, geht Landau noch einmal auf den gesellschaftskritischen Subtext ein, ehe der Unterschied zwischen Alita, Pinocchio und Frankensteins Monster zur Sprache kommt. Bei Pinocchio und Frankensteins Monster geht es jeweils darum, einem Körper etwas Menschliches einzuhauchen, der erst einmal nichts Menschliches an sich hat. Bei Alita hingegen existiert ein Geist, der nur noch einen Körper, eine Hülle benötigt, um sein gesamtes Potential zu entfalten.

Hier offenbart sich der Dialog über Körper und Geist, wie er schon im Manga-Klassiker Ghost in the Shell für existenzphilosophische Diskussionen sorgte. Was bedeutet es, ein Mensch zu sein? Welche Rolle spielt das Äußere, die Form, der Körper? Welche die Seele, das Herz, das Bewusstsein? Alita ist kein Roboter, sondern ein Cyborg. „Menschen mit Armprothese sind Cyborgs, aber das wird nicht die Menschlichkeit dieser Leute ändern“, schließt Landau seinen Gedankengang dazu ab.

Wenn sich Actionszenen mit Charakterarbeit vereinen

Zum Schluss der Pressekonferenz schwärmt Rodriguez von der zehnminütigen Actionsequenz, die sich in einer Bar abspielt und fraglos zu den beeindruckendsten Momenten des Films gehört. „Sie war bereits im Manga und sie war in Jims Drehbuch“, gibt der Regisseur preis. „Ich habe im Internet die Top 10 der Barkämpfe in Filmen gesucht, um zu sehen, was schon gemacht wurde und wie hoch die Messlatte ist.“ Schlussendlich musste er aber feststellen, dass zwei davon aus seinen eigenen Filmen stammen (Desperados und From Dusk Till Dawn), während James Cameron für zwei weitere verantwortlich ist (The Terminator und Terminator: Judgement Day).

Der Schlüssel zum Erfolg einer solchen Sequenz sei allerdings nicht die Action, denn die findet bloß in den letzten zwei Minuten statt. Entscheidend ist die Arbeit zuvor mit den Figuren – in welchem Verhältnis stehen sie? Was bedeuten ihre Entscheidungen und Handlungen? Und wie verändern sich danach ihre Beziehungen? Rodriguez teilt seine Gedanken zur Konzeption des Barkampfes, die sich weniger um das Spektakel drehen als um die Motivation der Figuren. Das spiegelt Waltz‘ vorherige Worte, denn diesem sei die direkte Zusammenarbeit mit dem Regisseur sehr wichtig. Keine Effekte der Welt können daran etwas ändern. „Wir machen, was wir schon immer gemacht habe, wir verhalten uns ehrlich zueinander.“

Alita: Battle Angel © 20th Century Fox