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Cats – Kritik

Cats ist ein Phänomen. Seit seiner Uraufführung im Jahr 1981 zieht Andrew Lloyd Webbers Musical, das auf Gedichten des US-amerikanischen Lyrikers T.S. Eliot basiert, die Menschen in seinen Bann. Knapp vier Dekaden hat die Geschichte rund um die sogenannten Jellicle Cats nichts von seiner Faszination eingebüßt – im Gegenteil: Als aufwendiges Filmmusical erobert Cats zum Ausklang des Jahres unter der Regie von Tom Hooper die große Leinwand und sorgt für ein Fest von Farben, Bewegungen und Gesang. Ein namhafter Cast erweckt die unverkennbaren Songs zum Leben und tanzt im Mondlicht vor einer überlebensgroßen Kulisse. Wer sich darauf einlässt, wird definitiv mitgerissen.

Tom Hooper, der bereits mit Les Misérables ein populäres Musical als überwältigende Erfahrung fürs Kino adaptierte, bringt bei Cats eine aufrichtige Begeisterung für die Eigenheiten des Stoffs mit, der allzu gerne belächelt wird. Zugegeben: Wenn Schauspieler, Sänger und Tänzer in Katzenkostüme schlüpfen, ist eine gewisse Verzerrung unvermeidbar. Doch genau hier schlummert die unberechenbare Stärke des Musicals, das trotz all der ungewöhnlichen Gestaltung greifbare Figuren entstehen, die uns mit ihren Liedern unmittelbaren Einblick in ihre Seele gewähren. Eine große Sehnsucht schlummert in jeder dieser Katzen – und wir dürfen für zwei Stunden in ihre seltsame, verrückte, aber eben auch faszinierende Welt eintauchen.

Das London der 1920er Jahre dient Tom Hooper als eindrucksvolle Kulisse, um mit den Katzen durch geheimnisvoll illuminierte Hinterhöfe zu streifen und im Neonlicht auf dem Pflasterstein zu tanzen. Die Größenverhältnisse spielen dabei eine entscheidende Rolle: Wenn Francesca Hayward, ihres Zeichens Primaballerina im Royal Ballet in London, als Victoria erstmals in die Welt der Jellicle Cats eintaucht, wird sie nicht digital verkleinert. Stattdessen bewegt sie sich durch riesige Sets, während die extra für den Film entwickelte Digital Fur Technology dafür sorgt, dass ihr Katzenfell trotz Ursprung aus dem Computer überaus flauschig wirkt. Sobald aber flinke Bewegungen übernehmen, stößt die Technologie an ihre Grenzen und der Bodenkontakt geht verloren.

Mitunter wirken die Effekte sehr unausgereift, vor allem mit einem Blick auf die Details. Gleichzeitig setzt Tom Hooper seinen Film mit solch einer Überzeugung in Szene, dass sein Gesamtbild ein durchaus stimmiges und einnehmendes ist. Selbst mit einem Blick auf die vergangenen Jahre, in denen wir unzählige digitale Welten im Kino erleben und entdecken durften, gleicht Cats keiner dieser Seherfahrungen, sondern entwickelt eine völlig eigene Dynamik, ohne seinen wahren Kern zu verstecken. Von ironischen Brüchen und der rund um Cats florierenden Meme-Kultur lässt sich Tom Hooper nicht beeindrucken. Dem Jellicle Ball nähert er sich mit der gleichen Ernsthaftigkeit an, die er auch bei einem Oscar-Drama à la The King’s Speech mitbringt.

Die Vorstellung der einzelnen Katzen, die einen Großteil der Laufzeit einnimmt, gleicht damit weniger einer müßigen Übung als einem extrem unterhaltsamen Kennenlernen, das nachdenklichen Zwischentönen nicht abgeneigt ist. Besonders der neue, von Taylor Swift und Andrew Lloyd Webber geschriebene Song, Beautiful Ghosts, fügt sich an diesem Punkt sehr schön in die Geschichte ein und tritt direkt in einen Dialog mit dem ikonischen Memory, das hingebungsvoll von Jennifer Hudson gesungen wird und Erinnerungen an Anne Hathaways große Fantine-Szene in Les Misérables weckt. Allgemein ist der Cast von Cats ein Highlight für sich: Judi Dench, Ian McKellen, Idris Elba und Rebel Wilson stechen besonders hervor – und dann stiehlt Taylor Swift allen die Show.

Cats © Universal Pictures