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Drive My Car – Kritik

Und dann darf er nicht einmal sein eigenes Auto fahren. Ein Moment der Irritation breitet sich aus, als der Schauspieler und Regisseur Yūsuke Kafuku (Hidetoshi Nishijima) erfährt, dass er aus Versicherungsgründen das Steuer seines geliebten Saab 900 an die Chauffeurin Misaki Watari (Toko Miura) übergeben muss. Zwei Jahre nach dem unerwarteten Tod seiner Frau übernimmt er in Hiroshima eine Tschechow-Inszenierung. In einer mehrsprachigen Version soll er Onkel Wanja auf die Bühne bringen. Trotz der Ambition scheitert die Kommunikation bereits vor den Proben. Jetzt steht er da, sichtlich überfordert mit der Situation, in die er hineingeraten ist.

Drive My Car, der neue Film von Ryūsuke Hamaguchi, zeigt viele Zusammenkünfte von Menschen, in denen sich das Komische und das Tragische überschlagen. Hinter einer Sache, die auf den ersten Blick leicht zu klären scheint, versteckt sich ein komplexer Körper aus unausgesprochenen Gefühlen, die sich mit Erwartungen und Erfahrungen mischen. Für Yūsuke ist die Autofahrt mit den roten Wagen, der in jeder Szene belebend aus der Umgebung heraussticht, ein Augenblick der Reflexion und Wiederholung. Er hört Audioaufnahmen seiner Bühnenstücke an, die von seiner toten Frau eingesprochen wurden. Im Moment der Fortbewegung bleibt er stehen.

Bewegung und Stillstand sind zwei zentrale Säulen, auf denen Hamaguchi sein jüngstes Werk aufbaut. Die Verfilmung der gleichnamigen Kurzgeschichte von Haruki Murakami, die 2014 in der Sammlung Men Without Women veröffentlicht wurde, nimmt sich viel Zeit, um die verschlossenen Figuren zu erforschen. Aus den rund 30 Seiten, die Murakamis Vorlage umfasst, entsteht ein dreistündiger Film – episch in seinem Ausmaß und trotzdem unglaublich intim. Auf die aufwühlenden Gefühle, die unter der Oberfläche brodeln, trifft eine ruhige, behutsame Inszenierung. Hamaguchi ist sich jeder Regung seines Films bewusst und transportiert sie in schlichten Bildern.

Drive My Car eröffnet Raum zur Beobachtung und wirkt anfangs sehr dokumentarisch. Damit einhergeht eine gewisse Distanz zu den Ereignissen. Schon bald bewegt sich Hamaguchi aber auf einer poetischen Ebene und gewährt Einblick in Zwischenräume, die zwischen Worten, Bildern und Musik entstehen. Auf der Suche nach Antworten auf die vielen Rätsel, die der Verlust eines geliebten Menschen mit sich bringt, verwandelt sich Drive My Car in einen träumerischen Film, in dem man sich nur verlieren kann. Nach dem ähnlich einnehmenden Burning erobert damit innerhalb weniger Jahre bereits die zweite herausragende Murakami-Verfilmung die große Leinwand.

Beitragsbild: Drive My Car © Rapid Eye Movies

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