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Fantastic Four – Kritik

Obwohl es sich beim jüngsten Reboot der Fantastischen Vier zweifelsohne um einen Film handelt, fällt es mittlerweile schwer, diesen als solchen wahrzunehmen. Spätestens seit der kontroversen Auseinandersetzung zwischen Regisseur Josh Trank und dem produzierenden Studio 20th Century Fox ist Fantastic Four zum politischen Spielball der Filmwelt avanciert. Die Hintergrundberichte lesen sich mittlerweile spannender als jegliche Promo und wenn man dem Tenor des Kritikerechos Glauben schenken will, dann verkörpert der Comic-Blockbuster alles, was in Hollywood gerade schief läuft. Fantastic Four scheint sich komplett in eine Projektionsoberfläche verwandelt zu haben und daher fällt es tatsächlich schwer, sich einfach nur auf ein zweistündiges Superhelden-Spektakel einzulassen, wenn sich nach unzähligen Berichten aus der Produktionshölle schließlich der Vorhang öffnet und den Blick auf die große Leinwand freigibt. Jetzt wäre ein Leichtes, jegliches Vorurteil bestätigt zu sehen. Doch dazu steckt in Fantastic Four letztendlich ein viel zu guter Film.

Zweifelsohne: Fantastic Four anno 2015 ist alles andere als eine runde Angelegenheit. Nachgedrehte Szenen wollen sich kaum mit dem ursprünglichen Material vertragen und es ist mehr als offensichtlich, wo sich die Vision des Regisseurs und die des Studios unterscheiden. Doch gerade beim unscheinbaren Wort Vision liegt die erste Stärke des Reboots vergraben: Josh Trank, der bereits mit seinem Debütfilm Chronicle überaus präzise das Superheldentum im Found-Footage-Gewand sezierte, erweist sich einmal mehr als Interessierter der zugrundeliegenden Materie. Wenngleich Fantastic Four auf den ersten Blick uninspirierte Bilder liefert und mit Sicherheit kein thematisches Neuland betritt, so versteht der Film, deutlich über den Tellerrand seiner Prämisse hinauszuschauen und einen erfrischenden Blickwinkel hinsichtlich der Erlangung von Superkräften im Rahmen einer obligatorischen Origin-Story einzunehmen – gerade in einer Zeit, in der übermenschliche Fähigkeiten zur absoluten Selbstverständlichkeit geworden sind.

Ein Unfall als Ursprung und dann die Selbstentfremdung: Aus anfänglicher Suburbia-Idylle – ganz im Geiste Steven Spielbergs – entsteht ein schauriges Werk à la David Cronenberg, das darüber hinaus den gesellschaftlichen Kontext des X-Men-Universums genießt. In seinen besten Momenten fühlt sich Fantastic Four sogar wie das Watchmaker-Kapitel in Alan Moores Watchmen an. Ärgerlicherweise gestaltet sich eine ordentliche Vertiefung der einzelnen Bestandteile von Fantastic Four aufgrund der kreativen Differenzen hinter den Kulissen als Ding der Unmöglichkeit. Zu sprunghaft bewegt sich der Film durch seine Geschichte und hinterlässt am Ende vor allem einen unvollständigen Eindruck. Immer wieder tauchen sie auf, die Einzelmomente, in denen Josh Tranks grundlegende Leitmotive und potentielle Subplots ausgerollt, später jedoch nie wieder aufgegriffen werden. Ganz deutlich wird dieser Umstand, wenn die titelgebende Superhelden-Gruppe im Begriff ist, sich zu formen. Denn jegliche Charakterbeziehung fußt allein auf einer Idee, ausgehend von einem rudimentären Stereotyp.

Das muss in erster Linie nichts Schlechtes bedeuten, fungiert der Stereotyp zumindest effizient als Fundament, auf dem sich aufbauen lässt. Unter seiner chaotischen Struktur leidend verpasst Fantastic Four allerdings den Moment, um seine Figuren wirklich miteinander interagieren zu lassen – ganz zum Ärgernis des perfekten aufeinander abgestimmten Casts. Angeführt von Miles Teller dürfen auch Kate Mara, Michael B. Jordan und Jamie Bell in die Historie brillanter Besetzungsclous jüngerer Superheldenfilme eingehen – von Toby Kebbell als Antagonist ganz zu schweigen. Wenn sie denn mal alle in einer Szene vereint sind, gibt Fantastic Four einen geradezu zerreißende Ausblick darauf, wie toll dieses Ensemble miteinander harmonieren kann und was der Film hätte sein können. Und an diesem Punkt hat auch David Jenkins in seiner Besprechung von Fantastic Four nicht ganz Unrecht, wenn er schreibt, dass Josh Tranks Vision eine Richtung einschlägt, die mehr mit David Finchers The Social Network gemein hat als mit dem omnipräsenten Superhelden-Kino des Marvel Cinematic Universe.

Generell präsentiert sich Fantastic Four in seinem Kern als neugieriger Versuch, sich in anderen Genres auszutoben. Besonders in seiner Eigenschaft als Science-Fiction-Film entfesselt der mittlerweile dritte Versuch, die Fantastischen Vier in ein kinotaugliches Format zu pressen, als verspieltes Unterfangen. Zwischen dem Bekenntnis zum Kostüm und der sagenhaften Gestaltung von Planet Zero, die auch Roger Vadims Barbarella entsprungen sein könnte, entpuppt sich das unausgereifte CGI-Tohuwabohu als einziger Spielverderber des sonst reizvollen Set Piece in der anderen Dimension. Auch Doctor Dooms Ankunft auf der Erde leidet neben mangelhafter Vorbereitung am unausgegorenen Effektgewitter, offenbart sich rückblickend jedoch als eine der intensivsten sowie aufregendsten Sequenzen im ganzen Film. Was diesen Amoklauf zudem fantastisch sekundiert und im Endeffekt sämtliche Bruchstücke von Fantastic Four zusammenschweißt, ist der Score aus der Feder von Marco Beltrami und Philip Glass, der ganz im Zeichen von Sue Storms Pattern und Danny Elfmanns Arbeit an Sam Raimis Spider-Man-Trilogie das Tempo des Abenteuers vorgibt.

Fantastic Four © 20th Century Fox