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Five Feet Apart – Kritik

Das Krankenhaus als zweites Zuhause: Aufgrund der unheilbaren Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose hat die 17-jährige Stella (Haley Lu Richardson) den Großteil ihrer Jugend in sterilen Räumen verbracht. Ihre Erlebnisse teilt sie auf ihrem YouTube-Kanal – mitunter fühlt es sich so an, als würde ihr nichts fehlen, so begeistert spricht sie in die Kamera und erzählt von ihrem Alltag. Doch Stella wartet auf eine Spenderlunge, die es ihr ermöglicht, weitere Jahre zu leben. Die Zeit ist folglich kostbar, offenbart sich gegenüber Stella aber gleichermaßen als Freund und als Feind.

Obwohl sie mit jedem Husten damit konfrontiert wird, dass der nächste Tag ihr letzter sein könnte, hat sie sich eine unglaubliche Lebensfreude und Energie erhalten, die auch die Menschen um sie herum inspiriert. Nur Will (Cole Sprouse), der neuste Patient auf ihrer Etage, will sich weder mit Stella noch mit seiner Krankheit anfreunden. Dennoch finden die beiden jungen Menschen im Lauf des Films zueinander und verlieben sich. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr durch ihre Bakterien dürfen sie sich allerdings nicht näher als eineinhalb Meter kommen.

Eine zerreißende Prämisse, die Justin Baldonis abendfüllendes Regiedebüt Five Feet Apart auch aus filmischer Sicht sehr interessant macht: Im Gegensatz zu den meisten anderen Liebesfilmen muss er auf jene Einstellungen verzichten, die seine Liebenden im Mittelpunkt des Bilds vereinen. Stattdessen befindet sich zwischen Stella und Will stets ein Graben sowie die Ungewissheit, ob sie diesen je überwinden werden. Eineinhalb Meter können eine große Distanz sein, wenn die Jugendlichen sowieso vom Rest der Welt isoliert sind und nur noch einander haben.

Aber selbst dieses Einander wird in Five Feet Apart regelmäßig auf die Probe gestellt, da selbst die beiläufigste Berührung verheerende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Wo Stellas Leben anfangs geordnet und – den Umständen entsprechend – kontrolliert wirkte, verliert sie zunehmend das mühsam erarbeitete Gleichgewicht und pendelt orientierungslos durch die Flure des Krankenhauses, die eben noch warm und freundlich wirkten, nun jedoch kühl und hoffnungslos erscheinen. Alles könnte perfekt sein – auf einmal funktioniert aber gar nichts mehr.

Justin Baldoni, der sich vor allem als Schauspieler in der The CW-Serie Jane the Virgin hervorgetan hat, erweist sich als Regisseur, der die Entwicklung des Sick Teen-Genres seit dem Erfolg der John Green-Adaption The Fault in Our Stars aufmerksam verfolgt hat. Obwohl das Drehbuch von Mikki Daughtry und Tobias Iaconis auf keiner Romanvorlage basiert (tatsächlich wurde eine Romanfassung der Geschichte parallel entwickelt) fängt Five Feet Apart all die entscheidenden Story-Beats der sogenannten Sick Lit ein und variiert nachdenklich vertraute Elemente.

Besonders toll: Five Feet Apart fühlt sich nicht an, wie ein perfekt auf eine Zielgruppe zugeschnittener Film, die auf das nächsten Sick Teen-Drama wartet. Dazu wäre er vermutlich sowieso zu spät. Stattdessen fokussiert sich Justin Baldoni auf den Aspekt der Annäherung, allgemein einer der spannendsten Bestandteile im Coming-of-Age-Film. Es gibt viel zu entdecken und gleichzeitig können Unmengen an verschiedenen Dingen dabei schieflaufen, womöglich sogar kaputtgehen. Für diesen Umstand bringt Five Feet Apart ein ausgeprägtes Bewusstsein mit.

Lediglich im finalen Akt werden die Entscheidungen zu schnell getroffen und der Film gerät in einen sehr mechanischen Modus. Erstaunte Five Feet Apart zuvor damit, seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Entdecken und Annähen zu lenken, dominieren am Ende überdramatisierte Gesten in unüberlegt abgespulter Reihenfolge das Geschehen. Haley Lu Richardson und Cole Sprouse können trotzdem einen Teil der aufrichtigen Sorgfalt wahren, die Five Feet Apart die meiste Zeit über auszeichnet. Ihre Figuren fühlen sich greifbar an, selbst wenn sie sich nicht berühren können.

Five Feet Apart © Universal Pictures