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In the Mood for Love – Kritik

Vielleicht schweben sie auch schon: Wie Geister bewegen sich Su Li-zhen (Maggie Cheung) und Chow Mo-wan (Tony Leung) durch die Räume, die sich ihnen in In the Mood for Love auftun. Da wäre etwa das kleine Apartment mit seinen hellhörigen Wänden oder der von Türen gesäumte Gang, der wie ein magisches Verbindungsstück zwischen den Welten wirkt, die sich nicht vereinen lassen und plötzlich dennoch verbunden sind. Und dann wäre da noch die Ecke eines Gebäudes, die Schutz vor dem prasselnden Regen gewährt, unscheinbar im Vorbeigehen, aber nach einer Begegnung der wertvollste Ort einer abgelegenen Straße. Sie verbindet genauso wie der Flur zwischen zwei Wohnungen.

Aufmerksam beobachtet Wong Kar-wai diese kostbaren, unwahrscheinlichen Begegnungen, die oft von langen, statischen Einstellungen begleitet werden. Die Menschen schauen sich an, mustern ihr Gegenüber und versuchen, die Gedanken zu lesen, die niemals in Worte gefasst werden, weil sie letzten Endes unbeschreiblich sind. Später heißt es, dass die größten Geheimnisse in ein Loch auf der Spitze eines Berges geflüstert und darin verschlossen werden. Die Dinge, die man nicht auszusprechen wagt, weil man sich vor ihrer wahren Bedeutung fürchtet, sind damit für die Ewigkeit versiegelt. Auch In the Mood for Love offenbart sich als filmisches Gefäß dieser Ewigkeit.

Die behutsamen Bewegungen von Su Li-zhen und Chow Mo-wan verzerrt Wong Kar-wai manchmal direkt durch eine verzögerte Darstellung in Zeitlupe, als würde es sich schon im Moment des Geschehens um Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit handeln. Wie das Blättern durch alte Fotografien, die trotz Unschärfe von einer ganz bestimmten Stimmung und einem ganz bestimmten Gefühl künden. In the Mood for Love ist da ganz nah bei seinen Figuren, selbst wenn die Kamera nur vorsichtig durch den Türrahmen blickt und dahinter eine Berührung entdeckt, wie sie zärtlicher kaum sein könnte. Das Offensichtliche passiert aber nie, entscheidend ist die Möglichkeit.

In the Mood for Love ist ein Film, der sich in den Zwischenräumen der Gefühle aufhält und am liebsten die verträumte Musik von Shigeru Umebayashi sprechen lässt. Sie ist es, die Su Li-zhen und Chow Mo-wan zusammenführt, obwohl die beiden meistens getrennt voneinander in Einsamkeit versinken. Genauso entfalten sich die sorgfältig gewählten Farben, die sich bis in den letzten Winkel des Films erstrecken, als verbindendes Element, das wärmt und Trost spendet. Besonders das Rot verwandelt In the Mood for Love in eine glühende, sinnliche Erfahrung, die sich in die Erinnerung brennt und nie wieder verschwindet mit all ihren ausgesprochenen wie unausgesprochenen Geheimnissen.

Und dann ist da diese einnehmende Schwerelosigkeit, die am deutlichsten zum Ausdruck kommt, wenn sich die Kamera für einen kurzen Augenblick im aufsteigenden Rauch der Zigaretten verliert und die Zeit um sich herum vergisst. Wong Kar-wai nähert sich der Beziehung seiner Figuren auf geradezu mikroskopischer Ebene an und erforscht dabei ein Sehnsucht, die an ihrer eigentlichen Lebensrealität zu zerbrechen droht. Dennoch bleibt sein Film ein träumender, der sich in das Rätsel der Begegnung verliebt und bis zum Schluss vor dem innehält, was vielleicht noch kommt oder womöglich schon lange wieder vorbei ist. In diesem Moment taucht sie wieder auf: Unendlichkeit, von allem losgelöst.

In the Mood for Love © Universal/Leonine