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La Gomera – Kritik

In La Gomera, dem neun Film des rumänischen Regisseurs Corneliu Porumboiu, wird viel Gepfiffen. Das kommt durchaus unerwartet, immerhin liest sich die Handlungsbeschreibung auf den ersten Blick wie ein spannender Mafia-Thriller, bei dem am Ende niemand mehr dem anderen vertrauen kann. Es herrscht eine große Angst, aufzufliegen oder verraten zu werden. Ausgerechnet an diesemPunkt erweist sich das Pfeifen jedoch als rettende Geheimsprache, die nur ein eingeschworener Kreis versteht und somit Türen öffnet, wo andere schlicht mit den Schultern zucken – im Glauben, eben nur Zeuge von ein paar Vögeln geworden zu sein, die sich über die Distanz austauschen.

Wirkt das Pfeifen auf den ersten Blick wie ein Gimmick, findet Corneliu Porumboiu mit jeder weiteren Minute, die vergeht, mannigfaltige Möglichkeiten, die Geheimsprache zum Einsatz zu bringen. Mal fungiert sie als Steilvorlage für eine humorvolle Passage, mal verrät sie mehr über die Figuren, die von ihr Gebrauch machen und manchmal auch kläglich scheitern. Vor allem aber trägt sie entscheidend zur Atmosphäre des Films bei, der mit Genre-Elementen und -Referenzen spielt und dabei einige unerwartete Entscheidungen trifft. Die Leere in den Bildern kann das Pfeifen allerdings nicht kaschieren. Denn diese sind allein von der nächsten Überraschung abhängig. 

Wenn der korrupte Polizist Cristi (Vlad Ivanov) auf die titelgebende Kanareninsel kommt, wird er bereits von seinen eigenen Leuten überwacht. Es ist die erste von vielen beiläufigen Enthüllungen, die noch folgen sollen. Angeheuert wurde Cristi von Gilda (Cartrinel Marlon), um ihren Freund Zsolt (Sabin Tambrea) aus dm Gefängnis zu holen, denn dieser ist der einzige Mensch, der über den Verbleib von 30 Millionen Euro Schwarzgeld weiß. Gilda wiederum wird von dem Mafiaboss Paco (Agusti Villaronga) unter Druck gesetzt, der es auf das versteckte Vermögen abgesehen hat – sprich: hier bieten sich reichlich Möglichkeiten, um einander zu betrügen.

La Gomera gönnt den Kriminellen und Gesetzeshütern keine Pause, kommt aber trotzdem nie so richtig in Schwung. Ein bisschen fühlt sich der Film an wie die Wellen, die an einem selbst an ruhigen Tag unermüdlich, irgendwie aber auch teilnahmslos den Strand erobern, kurz darauf aber schon wieder verschwunden sind. Viele amüsanten Ideen poppen in dieser Gangstergeschichte auf, danach fehlt aber die Verve und die Eleganz, alle in einer mitreißenden Erzählung zu vereinen. Gerade nach den Vorschusslorbeeren aus Cannes entpuppt sich La Gomera als Enttäuschung, manchmal sogar als merkwürdig selbstgefälliger Film, der deutlich weniger Spaß macht, als er es mit seinen ganzen Twists vorgibt, zu tun.

La Gomera © Alamode Film