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Life – Kritik

In einer vielversprechenden Mischung aus Ridley Scotts Alien und Alfonso Cuaróns Gravity startet in Life eine sechsköpfige Crew in die unendlichen Weiten des Weltraums, um Bodenproben vom Mars zu untersuchen. Ein aufregendes Unterfangen, immerhin erhoffen sich die Wissenschaftler und Astronauten nichts Geringeres, als den ersten Beweis für Leben auf dem roten Planten zu finden. Was wäre, wenn? Diese Frage schwebt unweigerlich über den ersten Minuten des Films, der sich dann auch nicht lange in Erklärungen verliert. Nach dem ersten Manöver in berauschender Schwerelosigkeit packt Regisseur Daniel Espinosa alle Karten auf den Tisch, eine sogar gleich zwei Mal: Während im Labor ein tödliches Alien, das von Grundschulkinder auf der Erde liebevoll Calvin getauft wurde, für Chaos sorgt, offenbaren sich Jake Gyllenhaal und Ryan Reynolds als die wohl redundanteste Besetzung des Kinojahres. Schlussendlich bringt diese merkwürdige Cast-Kombination Life aber ganz gut auf den Punkt.

Basierend auf einen Drehbuch von Rhett Reese und Paul Wernick, die bereits bei Zombieland, G.I. Joe: Retaliation und Deadpool zusammengearbeitet haben, kann sich Life selten entscheiden, welcher der beiden Filme er sein will, die sich in seinem Inneren verstecken. Auf der einen Seite wäre da das dreckige, gemeine B-Movie, das gar nicht schnell genug zur Sache kommen kann und dadurch erfreulicherweise kaum Gefangene macht. Auf der anderen Seite will Daniel Espinosa aber auf keinen Fall zulassen, dass sein Film wirklich dreckig, gemein oder womöglich sogar abgründig wirkt. Stattdessen baut er auf die knapp 60 Millionen Dollar seines Budgets, um ordentliche Bilder der Internationale Raumstation ISS zu generieren, die sich aktuelle Hollywood-Standards zum Vorbild nehmen. Am Ende kommen dabei jedoch bloß die obligatorischen Space-Station-Einstellungen heraus und die Kamera schlängelt sich durch klaustrophobische Gänge, wie sie es schon unzählige Male zuvor getan hat.

Das Ärgerliche dabei sind auf keinen Fall die fehlenden Innovationen, die Life zum Verhängnis werden. Vielmehr ist es Daniel Espinosas fehlende Überzeugung, das einzelnen Bestandteile seines Science-Fiction-Horror-Films mit der Würze umzusetzen, sodass sie wirklich in Erinnerung bleiben. Mit der Crew, die sich neben Jake Gyllenhaal und Ryan Reynolds aus Rebecca Ferguson, Hiroyuki Sanada, Ariyon Bakare und Olga Dihovichnaya zusammensetzt, müssen wir Zuschauer uns schlicht wie mit Platzhalter Figuren arrangieren: Keiner der aufgetischten Konflikte ist echt, denn lange bevor sie überhaupt eintreten, haben wir vom Drehbuch den Zuspruch erhalten, dass auf moralischer Ebene alles abgeklärt ist. Wenn sich einer der wackeren Entdecker für seine Freunde und Kollegen opfert, erfolgt dies stets mit der Gewissheit, dass es in Anbetracht der ungünstigen Situation die bestmögliche Option ist, um einen noch größeren Schaden zu vermeiden. Entscheidungen wirken genauso automatisiert wie das Kontaminationsprotokoll.

Trotzdem gelingt es Daniel Espinosa irgendwie, konstant die Spannung zu halten und für den ein oder anderen nervenaufreibenden Moment zu sorgen. Ausschlaggebend dafür ist die rasante Entwicklung des unheimlichen Wesens aus einer anderen Welt: Ist Calvin zu Beginn der Handlung gerade einmal unter dem Mikroskop zu erkennen, so dauert es keine halbe Stunde, bis der fremde (und ab diesem Punkt auch unerwünschte) Gast einen stattlichen Eindruck macht und sich gegen sämtliche Sicherheitsschranken zur Wehr setzt. Ein Alien, das nicht nur mit rasender Geschwindigkeit wächst, sondern ebenfalls von Minuten zu Minute intelligenter wird, funktioniert wahrlich als effektive Bedrohung – gerade an Bord einer Raumstation wie der ISS, die zwischen unzerstörbarer Weltraumfestung und zerbrechlichem Glasschloss schwankt. Wenn das Ungetüm erst einmal entfesselt ist, blickt Life nie wieder zurück, sondern hechtet vom einer Luftschleuse zur Nächsten, was durchaus seine Reize hat, wenngleich sich der Film viel zu selten dieses rohe Grundgerüst eingesteht.

Life ist folglich ein zwiespältiges Unterfangen, das sich tatsächlich erst im letzten Augenblick zu einer der beiden zuvor beschriebenen Seiten bekennt, nämlich der bösartigen. So schonungslos die Crew im Verlauf der gut 100-minütigen Laufzeit dezimiert wird: Immer wieder lässt sich Daniel Espinosa von unausgegorenen und damit unnötig störende Überlegungen über das Leben, das Universum und den ganzen Rest ablenken. Wirklich ernst meint er leider keine einzige Szene, die die verheerenden Mission im All aufs nächste Level katapultieren könnte. Dazu fehlt ihm – wie erwähnt – die Überzeugung, dass sich hinter panischen Blicken und Schweißperlen im Gesicht mehr verbergen kann als ein oberflächlicher Ausdruck von Angst. Ein ernüchterndes Fazit, denn Life hätte durchaus das Potential gehabt, all diesen Blicken und Schweißperlen das Gewicht eines Albtraums zu verleihen – schließlich geht es hier um nichts als den unerbittlichen Existenzkampf, der mit Leichtigkeit unvergessliche Emotionen provozieren sollte.

Life © Sony Pictures