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Logan Lucky – Kritik

Dem Kino wollte er den Rücken kehren und sich stattdessen im Fernsehen ausprobieren. Wenngleich Steven Sodeberghs Kooperation mit der HBO-Tochter Cinemax die herausragende Dramaserie The Knick hervorgebracht hat, kann sich das Kino glücklich schätzen, dass der Filmemacher sein Wort gebrochen hat und nach vier Jahren Abstinenz mit einem neuen Werk auf die große Leinwand zurückkehrt. Dort war er zuletzt mit dem Thriller Side Effects vertreten, nachdem sein glamouröses Biopic Behind the Candelabra in den USA keinen Kinoverleih gefunden hatte und stattdessen als Fernsehfilm ausgestrahlt wurde. Nun ist er aber wieder da – mit aller Lust zum Experimentieren. Logan Lucky offenbart sich als unheimlich witzige und dennoch düstere Variation auf die Ocean’s-Trilogie und beweist vor allem eines: Steven Soderbergh ist noch lange nicht am Ende seiner Kräfte angekommen.

Nur wenige Filme sprühten in diesem Jahr so vor Begeisterung für das Medium Film wie Logan Lucky. Es wirkt beinahe so, als hätte es Steven Soderbergh gar nicht erwarten können, endlich wieder unangepasste Bilder zu formen, gewagte Einstellungen zu finden und im anschließenden Schnitt dynamische Montagen zu entwerfen, die trotz altbekannter Muster stets zu überraschen wissen. Ja, Logan Lucky besteht geradezu aus cleveren Momenten, die vertraute Konventionen – sowohl stilistisch als auch handlungstechnisch – auf den Kopf stellen und gekonnt verblüffen. Basierend auf dem Drehbuch einer gewissen Rebecca Blunt (es handelt sich hierbei um ein Pseudonym von Jules Asner, Steven Soderberghs Ehefrau) entwirft Steven Soderbergh die trostlose Version einer Geschichte, die er bereits selbst mehrfach sowie bedeutend glanzvoller erzählt hat. Der Humor und das Interesse an der Sache gehen ihm trotzdem nicht verloren.

Obwohl Logan Lucky die Lichter und Farben der Ocean’s-Filme durch die verhältnismäßig reduzierte Kulisse des Charlotte Motor Speedway in Concord, North Carolina tauscht, bestätigt der Film mit jeder vergehenden Minute Steven Soderberghs großartiges Gespür für das richtige Timing und eine lebendige Inszenierung, die von David Holmes lässigem Score mühelos zusammengehalten wird. Die Definition von Coolness hat Steven Soderbergh schon immer verstanden. Noch besser versteht er es aber, seine Figuren in dieser Coolness atmen zu lassen, anstelle sie der Pose unterzuordnen. Wenn Jimmy (Channing Tatum) zusammen mit seinen Geschwistern Melli (Riley Keough) und Clyde (Adam Driver) erste Vorbereitung eines lukrativen Heists beim Coca-Cola 600-Rennen am Memorial Day in die Wege leitet, sprudelt der Skript zwar vor witzigen Dialogen über, das Herz des Films ist jedoch immer klar und bodenständig verankert.

Wenn man Steven Soderbergh und dem Cast etwas vorwerfen kann, dann, dass am Set sichtlich eine viele zu gute Stimmung herrschte. Logan Lucky transportiert die gleiche gute Laune, die zuletzt auch Magic Mike trotz überschaubarer Prämisse in einer absolute Ausnahmeerscheinung verwandelt hat. Der Spaß steht im Vordergrund des Films, spätestens wenn Daniel Craig als duschgeknallter Tresorknacker Joe Bang auf den Plan tritt. Als wäre die Präsenz der anderen drei Hauptdarsteller nicht herrlich genug, garantiert sein Schauspiel eine ganze Reiher amüsanter Impulse, die nicht nur mit seiner Star persona sehr schön brechen, sondern ebenfalls Steven Soderberghs Figuren-Repertoire um ein weiteres denkwürdiges Gesicht bereichern. In Anbetracht eines solch reichen Ensembles erzählt sich die Geschichte fast von selbst. Steven Soderbergh hat sich allerdings noch nie auf nur eine Ebene seiner Werke verlassen.

So überzeugt Logan Lucky mit gut aufgelegten Schauspieler_innen und einer auf vielerlei Hinsicht spannende, entdeckungsfreudige und interessierte Inszenierung. Darüber hinaus gelingt ebenfalls ein inhaltlicher Balanceakt. Auf der einen Seite genießt Steven Soderbergh die Heist-Routine inklusive doppeltem Twist, der insbesondere dank des Schnitts so gut zur Geltung kommt. Auf der anderen Seite funktioniert Logan Lucky als bittere Momentaufnahme eines Amerikas, das sich zwischen Autorennen und Schönheitswettbewerben in hässlicher wie gewissenloser Verschwendung verloren hat. Wenig Gutes existiert in dieser Welt, in der Autoritäten aufgrund ihres Unvermögens versagen und sich die meisten Menschen nicht einmal für ihren Nächsten interessieren. Umso beruhigender ist es, zu wissen, dass irgendwo da draußen ein Vater seiner Tochter erzählt, warum Take Me Home, Country Roads für ihn der beste Song der Welt ist.

Logan Lucky © Studiocanal