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Ocean’s 8 – Kritik

Über zehn Jahre ist es her, dass Danny Ocean und seine sich stets vermehrenden Spießgesellen ihren letzen Coup unter der Regie von Steven Soderbergh durchgezogen haben. Ocean’s 13 lautete jene finale Nummer, die noch einmal sprichwörtlich den Erdboden von Las Vegas erschüttern ließ. Dann rollte schließlich auf einem Flughafen – zwischen Aufbruch und Ankunft – die letzte Münze in den Automaten und beendete die rastlose Jagd nach der nächsten Herausforderung, die die Neuauflage des gleichnamigen Rat Pack-Klassentreffens aus den 1960er Jahren auf eigenwillige wie faszinierende Art zusammenschweißte. Immer war da ein unstillbarer Hunger, der in erster Linie aus Gelassenheit und Möglichkeit resultierte. Auch 2018 hat diese unverschämt coole Kombination nichts von ihrer Faszination sowie ihrem Unterhaltungswert verloren. Der große Unterschied ist nur: Dieses Mal führt Debbie Ocean, Dannys Schwester, einen Heist an, der für zwei Stunden lang mit der puren Freude bewegter Bilder spielt.

Ähnlich wie Paul Feigs Ghostbusters-Reboot von 2016 setzt Ocean’s 8 überwiegend auf ein weibliches Ensemble und stellt damit einen deutlichen Kontrast zu den bisherigen Ocean’s-Filme dar, wenngleich die Kontinuität in diesem Fall erhalten bleibt. Durch mal mehr, mal weniger auffällige Verweise besteht Ocean’s 8 förmlich darauf, an die vorherigen Geschehnisse anzuknüpfen und variiert diese vorzugsweise mit minimalen Abweichungen. Gleich die Eröffnungssequenz lässt Erinnerungen an George Clooneys lässiges Debüt in Ocean’s 11 aufkommen, wenn Sandra Bullock sich ebenfalls hinter Gittern wiederfindet und schuldbewusst in die Kamera blickt. Ihre Debbie Ocean ist genauso gerissen wie ihr krimineller Bruder und stellt das gleich in den ersten Minuten eindrucksvoll unter Beweis. Gary Ross nutzt derweil die Zeit, um den Tonfall seines Films gekonnt gegenüber den Vorgängern anzupassen und seine eigenen Akzente zu setzen. Insbesondere die Umgebung spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Während die neuen Figuren in den meisten Fällen die männlichen Kollegen aus der alten Trilogie spiegeln, profitiert Ocean’s 8 von einer gleichermaßen vertrauten wie unverbrauchten Kulisse: Die heiße Sonne von Las Vegas entschwindet, um der Kühle der Ostküste Platz zu machen. Durch die Straßen von New York City weht ein frischer Wind, die glühenden Farben der unendlichen Kasinos sind verschwunden und kantige Bauwerke breiten sich aus, die ein deutlich raueres Pflaster erwarten lassen als die sommerlichen Kulissen der ersten drei Teile. Dieses New York besteht aus großen, modernen Häusern, die in ihren Räumen so viel Platz offenbaren, dass die Menschen mitunter verloren zwischen all dem angestellten Luxus wirken, weiterhin beobachtet von Überwachungskameras in jedem Eck. Das Design verschwimmt aber nach und nach mit der Handlung, wenn der Heist in den Vordergrund rückt und im Rahmen der alljährlichen Met Gala eine Halskette im Wert von 150 Millionen Dollar gestohlen werden soll. 

Bei all den klaren Plotbausteinen, die sich bis zu einem gewissen Punkt mit erschreckender Präzision vorhersagen lassen, kann Ocean’s 8 auf ein durchaus kurzweiliges Drehbuch von Olivia Milch und Mr. Ross zurückgreifen, das im dritten Akt erwartungsgemäß mit einigen cleveren Wendungen aufwartet, die den Raub in einen deutlich größeren Kontext stellen. Zwar fehlt Mr. Ross das unbesorgte Geschick, die vielen verschiedenen Ebenen mit einer fortwährend verblüffenden Inszenierung zu vereinen, als wäre er die einzelnen Szenen monatelang im Schneideraum durchgegangen, um den perfekten Erzählfluss zu finden, wie es bei den ambitionierten Unternehmungen von Mr. Soderbergh der Fall war. Dafür punktet Ocean’s 8 mit dem fantastischen Ensemble, das sich neben Ms. Bullock aus einem illustren Cast zusammensetzt, der sich von Cate Blanchett und Anne Hathaway über Mindy Kaling, Sarah Paulson und Helena Bonham Carter bis hin zu den schauspielernden Sängerinnen Rihanna und Awkwafina erstreckt. Dazu kommen kleinere Auftritte von Richard Armtag und James Cordon.

Den Gender-Aspekt kann Ocean’s 8 nicht überspielen, deshalb macht ihn sich das Drehbuch zum Thema. In vielen Momenten wird auf unterschiedliche Weise über die Geschlechterdynamik philosophiert, etwa wenn Debbie mit ihrer besten Freundin die Frage diskutiert, ob sich ein männliches Mitglied der Gang anschließen darf. Später rückt ebenfalls ein Ex-Freund ins Bild, der etwas unglücklich und verloren im Film um seinen Platz kämpft, obgleich dieser Platz im Idealfall von einer deutlich fortschrittlicheren Figur eingenommen worden wäre. Schlussendlich rückt Ocean’s 8 im Angesicht der heimlichen Stellvertreterkriege im Hintergrund den Spaß in den Mittelpunkt und begeistert am meisten, wenn sich die Figuren – völlig unabhängig ihres Geschlechts – gegenseitig als Profis in die Karten spielen. Damit steht Debbie Oceans Einstand nicht bloß in bester Tradition von Mr. Soderberghs Franchise-Beiträgen, sondern ebenfalls der von ihm ins Leben gerufenen Magic Mike-Reihe, die im herrlichen Exzess von Magic Mike XXL bisher ihren Höhepunkt fand.

Bei all der Handlung, die in großen – fast zu großen – Schritten vorangetrieben wird, verkörpert Ocean’s 8 vor allem ein Kino, das es versteht, den Moment zu genießen und alle anderen Dinge außen vor zu lassen. Mr. Ross gelingt es zwar nur bedingt, die Fußstapfen zu füllen, in die er tritt. Sobald sein Ensemble aber die Szenen übernimmt, entfaltet Ocean’s 8 eine entspannte, eine sorglose Atmosphäre und stürzt sich genauso euphorisch in die Met Gala, wie die Figuren hin- und hergerissen zwischen den Diamanten schwanken, die sie entweder tragen oder stehlen wollen. Ganz beiläufig schwingt dabei ein Hauch Zeitgeist mit, selbst wenn sich der Film schlussendlich damit schwertut, all die aufgesogenen Strömungen einzuordnen und in einem stimmigen Bild zusammenzuführen. Vorerst dominieren der Style und die Pose, später gesellt sich etwas unheimlich Lässiges hinzu, kontrastreich gerahmt von kühlen Gängen und Daniel Pembertons lebendigem Soundtrack, der den zwanglosen, wenn auch nicht weniger aufregenden Klängen von David Holmes nacheifert und damit der Montage den Rhythmus vorgibt.

Ocean’s 8 © Warner Bros.