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Serenity – Kritik

Durch ein geöffnetes Auge entdeckt die Kamera das Meer. Ewiges Blau rast an uns vorbei, ehe die Serenity inmitten der majestätischen Weite zum Vorschein kommt. Das Boot von Fischer Baker Dill (Matthew McConaughey) findet sich in paradiesischer Umgebung wieder und steuert auf die Insel Plymouth Island zu. In dieser Küsten-Idylle kennt jeder jeden, Geheimnisse existieren nicht. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich da auch die Kunde, dass Baker bei einem Angelausflug mit Touristen die Beherrschung verloren hat, da er einen großen Fisch fangen wollte, dem er seit Jahren hinterherjagt.

Im letzten Moment reißt sich das riesige Tier jedoch von der Leine los und lässt Baker fassungslos zurück. Die Niederlage gleicht einem fiebrigen Traum, der sich ständig wiederholt: Kurz vor dem entscheidenden Durchbruch fällt Baker zurück und gerät in ein Gefängnis aus Rastlosigkeit und Obsession. Im Herzen von Serenity, dem neuen Film von Regisseur und Drehbuchautor Steven Knight, brodelt folglich ein unerfülltes Verlangen, sodass selbst die Kamera zuckt und das Bild zurechtrücken muss, als würde der Fokus neu ausgerichtet und die Perspektive gewechselt werden.

Eine beunruhigende Geste, die den Film unterbewusst in einen größeren Rahmen einbettet, wenngleich sich Steven Knight diese Enthüllung eigentlich aufsparen möchte. Sein Serenity-Drehbuch ist wendungsreich, vereint verschiedene Stimmungen und streift die unterschiedlichsten Genres. War da eben noch ein düsterer Erotik-Thriller zu erkennen, als sich mit Karen Zariakas (Anne Hathaway) eine Freundin aus Bakers Vergangenheit im Paradies zu Wort meldet, verwandelt sich Serenity im nächsten Augenblick in einen Film noir, übt sich dann aber doch lieber in Mystery-Elementen.

Etwas Größeres, etwas Unheimliches ist im Gange und Steven Knight denkt gar nicht daran, sich in seiner wilden Fantasie zu zügeln. Stattdessen expandiert sein Film ohne Grundlage in jegliche erdenkliche Richtung und trifft dramaturgische Entscheidungen jenseits von Gut und Böse. Häusliche Gewalt, eine zerrüttete Vater-Sohn-Beziehung und eine posttraumatische Belastungsstörung, die aus dem Irakkrieg resultiert: Ab einem gewissen Zeitpunkt ist es geradezu bemerkenswert, wie lange es Steven Knight überhaupt gelingt, diese komplexen Themen zu balancieren, ohne dass sein Film komplett auseinanderbricht.

Serenity hüllt sich in Mysterien und erlangt in seinen besten Momenten eine ähnliche bedrohliche, geradezu apokalyptische Atmosphäre, wie sie in den Werken von Richard Kelly zu finden sind. Vor allem Southland Tales und The Box kommen in Erinnerung, schlussendlich scheitert Steven Knight aber daran, sein Konzept konsequent durchzuziehen, da er sich auf die falschen Fragen konzentriert und die wirklich spannenden Gedankenspiele seines Films aus dem Blick verliert. Besonders ärgerlich in Serenity: Enthüllungen, die sich wiederholen und allzu ausführlich erklärt werden.

Obgleich das Drehbuch zuerst radikal und mutig wirkt, werden am Ende die Versprechen angedeuteter Grenzüberschreitungen nicht eingelöst. Serenity könnte eine Meditation über Inszenierung, über Welten und die Verbindung vom Digitalen mit der Realität sein. Eine Truman Show, die sich mit The Matrix vermischt und ihre High-Concept-Ideen nutzt, um die verborgenen Traumata der Figuren zu erforschen. Doch anstelle dieses Films, der die Wirklichkeit dehnt, verlässt sich Steven Knight zu sehr auf oberflächliche Reize seiner wahnsinnigen Erzählung. Faszinierend ist das durchaus, auf die Distanz aber auch großer Unfug.

Serenity © Universum Film