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Sound of Metal – Kritik

Riz Ahmed hat gerade einen unglaublichen Moment. Anfang des Jahres feierte das Drama Mogul Mowgli auf der Berlinale seine Premiere. In dem verkörpert der britische Schauspieler einen aufstrebenden Rapper, der einen verheerenden Schicksalsschlag erlebt. Wenige Monate zuvor war er in Toronto mit Sound of Metal vertreten. Auch hier mimt er einen Musiker, der sich von dem verabschieden muss, was ihn antreibt. Nun ist der berührende wie sorgfältig erzählte Film auf Amazon Prime eingetroffen.

Gleich die erste Szene zeigt Riz Ahmed im Scheinwerferlicht. Als Schlagzeuger Ruben spielt er mit seiner Freundin Lou (Olivia Cooke) in einem kleinen Club und gibt alles. Sein gesamter Körper hat sich der Musik verschrieben, ekstatisch trommelt er sich die Seele aus den Leib. Es ist kein harmonischer Song, aber einer, der so mit Gefühlen und Energie aufgeladen ist, dass der emotionale Kraftakt für beide Künstler*innen greifbar wird. Regisseur Darius Marder erklärt unmissverständlich: Das ist Rubens und Lous Leben.

Es ist kein perfektes Leben, aber ein Leben das funktioniert. Die Narben der Vergangenheit sind sichtbar, egal wie idyllisch die frischen Früchte zum Frühstück eine sorglos strahlende Instagram-Ästhetik imitieren. In Sound of Metal gehen diese vermeintlichen Widersprüche zusammen und geben uns ein Gefühl von der langen Reise, die Ruben und Lou hinter sich haben – wortwörtlich: In einem Wohnmobil fahren sie von Gig zu Gig und übernachten auf den Parklätzen vor den Veranstaltungsgebäuden.

Doch dann verliert Ruben sein Gehör. Ein dumpfes Rauschen legt sich über Sound of Metal, wenn der Film seine Perspektive einnimmt. Eben noch war er in seinem Element und hat die Musik gespürt. Das nächste Mal, wenn Ruben am Schlagzeug sitzt, zeugen seine Bewegungen zwar weiterhin von Entschlossenheit und Leidenschaft. Dennoch fehlt etwas Entscheidendes. Große Unsicherheit breitet sich in ihm aus. Selbst die einfachsten Kommunikationswege muss er fortan für sich neu definieren.

Darius Marders Inszenierung ordnet sich dieser Veränderung in Rubens Leben unter und versucht, seine Erfahrung nachzuvollziehen. Kein spektakulärer Niedergang: Sound of Metal ist ein einfühlsames, vielschichtiges Drama, das sich behutsam den Konflikten seines Protagonisten annähert. Ruben kommt bei einer Gruppe Gehörloser unter, die ihm neue Wege zeigt, mit seiner Situation zurechtzukommen. Fortan geht es um Beobachtung und Wahrnehmung, um neues Verständnis zu erlangen.

Klischees und Stereotypen haben in Sound of Metal keinen Platz. Stattdessen ist der Film ein Zeugnis davon, wie eindrucksvoll die Filmsprache zur Abbildung des Innenlebens der Figuren durch die Filmsprache erzählt werden kann. Am offensichtlichsten arbeitet Darius Marder mit der auditiven Ebene: Was hört Ruben? Was hören wir Zuschauer? Darüber hinaus sucht Marder nach Wegen, um u.a. Gebärdensprache mit der Kamera einzufangen, ohne sie einfach abzufilmen. Denn hinter jeder Bewegung steckt ein Mensch.

Zu diesen Menschen gehört auch die Lehrerin Diane, verkörpert von der gehörlosen Schauspielerin Lauren Ridloff, bekannt aus The Walking Dead. Sie bringt strahlende Hoffnung in dem Film, die sich nicht der Realität verweigert, sondern sich mit dieser auseinandersetzt. Sound of Metal zeugt von einer bemerkenswerten Empathie für seine Figuren und deren Welt. Genauso subtil dringt Riz Ahmed in Rubens Kopf vor. Hier steht nicht das Schauspiel im Vordergrund. Es geht um das, was dieses vermitteln kann.

Beitragsbild: Sound of Metal © Amazon/Sony