Hätte jemand vor zehn Jahre eine Untersuchung der Zielgruppenüberschneidung von der Fast & Furious und Star Trek durchgeführt – die Anzahl der Personen im vereinenden Nenner wären vermutlich geringer gewesen als die Wahrscheinlichkeit, dass Fight the Power von Public Enemy je seinen Weg in die unendlichen Weiten des Weltraums geschafft hätte. Anno 2016 ereignet es sich jedoch, dass ausgerechnet Justin Lin, der die aktuelle Ausrichtung der furiosen Vehikel-Schlacht rund um den Globus maßgebliche beeinflusste, das Steuer bei einer Entdeckungsreise der USS Enterprise übernimmt – und Public Enemy schallt zusammen mit den Beastie Boys und Rihanna durchs All.
Waghalsige Unternehmung und erfrischendes Abenteuer zugleich: Star Trek Beyond hinterlässt einen Eintrag im Lockbuch der Sternenflotte, der vor Begeisterung sprudelt und selbstbewusst auf J.J. Abrams’ – nach wie vor beeindruckender – Generalüberholung aufbaut. Vielleicht liegt es auch an der Koexistenz mit Star Wars: The Force Awakens, die Star Trek Beyond den großen Druck des Weltraummärchens von den Schultern nimmt und zu kleineren Experimenten einlädt. Was auch immer Justin Lin, der es generell versteht, einen Blockbuster komplett auseinanderzunehmen, bevor er ihn mit überraschendem Ergebnis wieder zusammensetzt, hier angestellt hat – es hat funktioniert.
Seit drei Jahren befindet sich James T. Kirk (Chris Pine) mit seiner Crew auf einer wichtigen Mission, die insgesamt fünf Jahre in Anspruch nimmt. Am Rande des Universums sollen fremde Lebensformen ausgemacht werden. Ein Auftrag, der nicht nur sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, sondern vor allem von ermüdender Routine begleitet wird. Wenngleich an Bord der USS Enterprise ein Gravitationsgenerator die Besatzung am Boden (der Tatsachen) hält – langsam, aber sicher fühlt es sich so an, als würde betäubende Schwerelosigkeit Einzug in die ellenlangen Gänge des Raumschiffs halten. Der damit einhergehende Frust lässt sich zwar noch unterdrücken, trotzdem erobern zunehmend beunruhigende Fragen den Raum.
Warum er überhaupt hier draußen ist, gibt Kirk im begleitenden Voice-over zweifelnd zu Protokoll und im Bruchteil einer Sekunde wird klar, dass dieser Star Trek-Film weit mehr als kurzweilige Science-Fiction-Unterhaltung sein will. Verloren zwischen Raum und Zeit streift der Captain durch sein Schiff und fürchtet, sich am Ende der Reise komplett von sich selbst entfremdet zu haben. Beachtlich sind diese nachdenklichen Töne, die Simon Pegg und Doug Jung ganz beiläufig ins Drehbuch einfließen lassen, denn sie liefern letztendlich das Grundgerüst für die emotionale Reichweite des Spektakels, das kurze Zeit später Einzug in die Geschichte von Star Trek Beyond erhalten soll. Egal, ob verbindende Geste oder flüchtiger Blickwechsel – alles hat Gewicht und Konsequenzen.
Selbst dann, wenn die Materialschlacht im dritten Akt die Überhand zu gewinnen droht, verlässt sich Star Trek Beyond auf seine abgründige Seite, die versteckt im Untergrund schlummert. Sobald die USS Enterprise durch einen Angriff aus dem Hinterhalt zerstört wird, ist da dieses Gefühl von Unsicherheit und die Figuren sind mitunter komplett auf sich alleine gestellt, bevor sie auf Verbündete stoßen oder lernen, miteinander umzugehen. Star Trek Beyond ist eine großartige Parabel über Annäherung und Kontakt. Geht die direkte Verbindung zum Gegenüber verloren, so gewinnt eingangs erwähnter Frust an Bedeutung. Kein Wunder, dass ausgerechnet Szenen des Wiedersehens zu den kraftvollsten Momenten dieser Odyssee gehören und darüber hinaus Hoffnung schenken.
In dieser Hinsicht greift auch Krall (Idris Elba), der gnadenlose Bösewicht, dessen wahre Hintergründe lange im Verborgenen bleiben. Nach und nach stellt sich erst heraus, dass er im Endeffekt nicht weniger als ein Spiegel Kirks ist – mit dem entscheidenden Unterschied, dass Krall der ewigen Stille des Weltalls nicht entkommen konnte. Die Hoffnungslosigkeit hat ihn in ein tragisches Monster verwandelt, das sich verzweifelt an Hüllen klammert und sein wahres Gesicht versteckt. Als vernichtende Instanz stürzt er nun andere ins Unheil, vergeblich nach Erlösung greifend. Gegen die Crew der USS Enterprise hat er allerdings keine Chance, obgleich er sie förmlich in Stücke reißt und quer auf einem fremden Planeten verteilt.
Wo Kirk und Chekov (Anton Yelchin) nach dem Absturz der Enterprise durch unbekanntes Terrain irren, geraten Uhura (Zoe Saldana) und Sulu (John Cho) in Gefangenschaft. Spock (Zachary Qunito) und Bones (Karl Urban) rennen derweil ebenfalls ohne Verstärkung im Rücken um ihr Leben, während Scotty (Simon Pegg) Bekanntschaft mit der mysteriösen Jaylah (Sofia Boutella) macht, deren Familie ebenfalls Opfer von Kralls Irrsinn wurde. Justin Lin hantiert gekonnt mit der aufgesprengten Dynamik dieses – über alle Maßen erhabenen – Ensembles. Gleichermaßen verspielt wie effizient werden die Beziehungen zwischen den Figuren geschärft, den Erwartungen eines dritten Franchise-Segments entsprechend. Zudem folgt Star Trek Beyond über weite Strecken dem Konzept einer einfachen Serien-Episode, die ganz klar einem (überschaubaren) Story-Arc pro Figur verfolgt.
Es ist geradezu unmöglich, sich dem daraus resultierenden Charme zu entziehen, wenngleich Star Trek Beyond gelegentlich alles andere als rund ist. Dennoch versprüht Justin Lins Inszenierung unglaubliche Lust und Freude am Geschehen. Alleine, wie ausgiebig er die einzelnen Location des Films – allen voran der abgestürzte Rumpf der Enterprise – erkundet, zeugt von der Hingabe und Energie, die der Fast & Furious-Veteran für die Materie mitbringt. Und auf einmal gehen Michael Giacchinos fantastische Kompositionen Hand in Hand mit Sabotage von den Beastie Boys und der Spaß scheint erst mit dem Einsetzen der Credits ein Ende zu nehmen. Wie jedoch zuvor erwähnt, tauchen sie immer wieder auf, die leisen, berührenden Töne, die Star Trek Beyond nachhaltig in ein besonderes Weltraumabenteuer verwandeln.
Star Trek Beyond © Paramount Pictures
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