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The Lord of the Rings: The Two Towers – Kritik

Gandalf (Ian McKellen) fällt in die Tiefen von Moria, ehe er sich seinen Weg zurück auf die Spitze des Bergs kämpft und einen Feind besiegt, der älter als die Zeit selbst zu sein scheint. Ein sagenumwobenes Geschöpf aus der Vergangenheit hat die Gefährten in der Dunkelheit überrascht, doch es ist nicht die einzige Kreatur, über die sich die Bewohner von Mittelerde seit Jahrhunderten Geschichten erzählen, bevor sie deren mächtiges Wirken am eigenen Leib erfahren. Schon der erste Teil von Peter Jacksons The Lord of the Rings-Adaption entführte im Zuge seines eindrucksvollen Prologs in eines jener längst vergangenen Geschichtskapitel, die Menschen, Zwerge, Elben und Hobbits nur aus Erzählungen kennen.

Die ersten Minuten von The Two Towers wirken nun jedoch, als würde Gandalf im freien Fall sämtliche Gesteinsschichten und die damit verbundenen Zeitalter von Mittelerde passieren, bis er an den Ursprung gelangt, den Peter Jackson in einer der überwältigendsten Totalen der gesamten Trilogie illustriert. Ein einzelner Lichtfunke fällt ins verborgene Gewölbe des tiefsten Untergrunds, den keine sterbliche Seele je zu Gesicht bekommen hat. Später erwacht diese alte, vergessene Welt zu neuem Leben und nimmt sich das zurück, was vom eisernen Kriegswerkzeug zerstört wurde. Die Erde bebt dabei in mehrerlei Hinsicht, während die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.

Bereits in The Fellowship of the Ring brachte der eine Ring ein großes Ungleichgewicht mit sich und verführte sogar diejenigen, die für das Richtige einstanden. Obwohl der Ring an sich nicht allzu oft in den Vordergrund der Fortsetzung tritt, beschäftigt sich Peter Jackson intensiv mit seinen Auswirkungen, sowohl auf einer intimen Figurenebene als auch mit einem Blick auf die gesellschaftliche, politische Situation von Mittelerde. Während Rohan brennt, treffen Haradrim und Olifanten aus dem Süden, ganz zu schweigen von den Ringgeistern, die sich fortan auf fliegenden Bestien über die Karte bewegen und für Angst und Schrecken sorgen. Die Welt wird größer, gleichzeitig aber ebenso kleiner.

Von der Unschuld des Auenlandes sind Frodo (Elijah Wood) und Sam (Sean Astin) inzwischen so weit entfernt, dass der Begriff Hobbit nur noch für argwöhnische Reaktionen sorgt. Selbst Gollum (Andy Serkis), der einst einem Hobbit gar nicht so unähnlich war, kann sich nicht mehr an diese Vergangenheit erinnert, so vergiftet ist sein Geist von der Macht des einen Rings. Nicht nur der Berater des besessenen Königs spricht mit gespaltener Zunge, sondern auch das einzige Lebewesen, das Frodo und Sam den Weg ins Land der Schatten weisen kann. Eindrucksvoll wie verblüffend setzt Peter Jackson diesen Gollum in Szene, der zuvor nur in Form einer gespenstischen Silhouette den Ringträger und seine Gefährten verfolgte.

Dank Motion Capture bewegt er sich nun leibhaftig in der Gegenwart von Frodo und Sam durch ein Labyrinth aus Bergen und dem Nebel der Totensümpfe, der letzten Station vor Mordors Schwarzem Tor. Andy Serkis‘ Schauspiel verschmilzt sagenhaft mit den bahnbrechenden Computereffekten, die keineswegs gealtert sind: Jede Regung kündet von Gollums tragischer Geschichte, jeder Schrei lässt tief in seine zerrissene Seele blicken. In einem geradezu beängstigenden Monolog zeigt Peter Jackson schließlich, wie sich die zwei Persönlichkeiten der Figur aufspalten und wieder zusammenfinden. Subtile Kamerabewegungen und ein kluger Schnitt ermöglichen diesen fesselnden Grenzgang.

Mit jeder weiteren Einstellung wächst die Ungewissheit über den wahren Kern, der hinter den pulsierenden Augen schlummert, doch es ist nicht der einzige ambivalente Moment in The Two Towers. Eingehend beschäftigt sich Peter Jackson mit der Frage des Vertrauens in einer Zeit unwahrscheinlicher Bündnisse und heimlicher Manipulationen. Am aufwühlendsten passiert das zwischen Frodo, Sam und Gollum, aber auch darüber hinaus zieht das Geschehen in seinen Bann, wenn etwa erneut ein Sohn Gondors an der Versuchung des einen Rings zu zerbrechen droht und als Fehlgeleiteter in Erscheinung tritt, bevor er die größere Sache erkennt, für die es sich zu kämpfen lohnt.

An mehreren Kriegsschauplätzen zittern die Menschen im Angesicht der Finsternis, die alles verschlingt und durch unzählige Orks und Uruk-hais zum Ausdruck kommt. Gesichtslose Krieger, die dennoch mit furchteinflößenden Fratzen in Erinnerung bleiben: The Two Towers bietet wenig Anlass dazu, an den Hoffnungsschimmer zu glauben, den Gandalf für das Morgengrauen des fünften Tages verspricht. Leid und Verderben stellen die atemberaubenden Landschaftsaufnahmen infrage. Wie soll diese Geschichte ein gutes Ende finden, wenn sich der Himmel verdunkelt und der Regen das Schlachtfeld in einen weiteren Sumpf verwandelt, der die Lebenden in den Abgrund zu den Toten zieht?

Ängstliche Gesichter prägen diesen Film, der trotz der erfolgreichen Verteidigung von Helms Klamm sowie der Zurückeroberung von Isengard in emotionalen Trümmern endet, während Howard Shores unheimliche Klänge noch mehr Misstrauen und Unheil versprechen. Die Klinge des Freundes an der eigenen Kehle: Wie sind sie hierhin gekommen, an diesen grausamen Ort, der entfremdet und vergessen lässt? Hier haben sie nichts zu suchen und dennoch soll vor der apokalyptischen Kulisse ihr Schicksal in Erfüllung gehen. Feuer, Blitze, Dunkelheit: Einmal mehr balanciert Peter Jackson unglaubliche Bilder, um die kaum noch zu ertragende Bürde seiner Figuren zu verdeutlichen.

„But in the end, it’s only a passing thing, this shadow.“

Beitragsbild: The Two Towers © Warner Bros.