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Justice League – Kritik

Superman ist tot. Umringt von Batman, Wonder Woman und Lois Lane lag er zuletzt in den Trümmern des Weltuntergangs, ehe eine Montage der Trauer den gottgleichen Superhelden zu Grabe trug. Unvergessen sind die letzten Minuten aus Batman v Superman: Dawn of Justice, die sich kühn aus dem Fenster lehnten und ein Cinematic Universe in ihren Grundfesten erschütterten, obgleich dieses erst im Begriff des Entstehens war. Zack Snyders umstrittene Interpretation der Figuren hinterließ eine Schneise der Zerstörung, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne, die sich nun ebenfalls wie ein roter Faden durch den Nachfolger Justice League zieht. Während der dunkle Ritter die titelgebende Gruppe um sich scharrt, verarbeitet die Welt den Verlust einer Ikone, die all der Vernichtung zum Trotz als Symbol der Hoffnung über den Trümmern schwebte. Ausgerechnet zu dieser düsteren Stunde kündigt sich am feurigen Horizont ein weiterer Weltuntergang an – groß in seinem Motiven, ungehalten in der Vision. Das erste Klassentreffen im DC-Universum vermag seine einzelnen Bestandteile dennoch kaum zu einer Einheit zu verbinden.

Der Bau von Universen beschäftigt das Kino der Gegenwart mehr denn je. Jedes Studio versucht es, aber nur den wenigsten gelingt es, während das Marvel Cinematic Universe als König der Franchises über Hollywood thront. Seit 2008 produzieren Disney und Marvel einen Superheldenfilm nach dem anderen, während die Vertreter aus dem Hause Warner und DC beim Publikum regelmäßig in Ungnade fallen. Zu überstürzt wirkt der Aufbau der vernetzten Geschichten – so eine nicht seltene Beobachtung des Kräftemessens der zwei Comic-Giganten. Dabei verfolgt Zack Snyder seit Man of Steel eine überaus faszinierenden Auslegung des vertrauten Superhelden-Mythos, die sich furchtlos in die düsteren Ecken jener Gattung wagt und die Risiken eingeht, die bei der Konkurrenz unlängst durch formelhafte Variation eliminiert wurden. Am Ende gehen die DC-Film trotzdem durch zu viele Hände, als dass ihr rohes Antlitz jemals die Leinwand erblicken könnte. Auch – oder besonders – Justice League fühlt sich so an, als sei die Zusammenführung von Batman, Superman, Wonder Woman, The Flash, Aquaman und Cyborg zu oft einer tonalen Neuausrichtung unterzogen worden.

Ausschlaggebend dafür sind viele Dinge, allen voran stechen aber die zwei Regisseure hervor, die an der Produktion beteiligt waren. Auf der einen Seite wäre da Zack Snyder, der unmittelbar an sein vorheriges Schaffen anschließen möchte und ein Gros der Produktion von Justice League stemmte. Auf der anderen Seite steht MCU-Veteran Joss Whedon, der gleich zwei Mal die Avengers zusammenbrachte und im Rahmen der Reshoots von Justice League sein DC-Debüt ablieferte. Herausgekommen sind 121 Minuten, die unterschiedlichen Herangehensweisen und Ansprüchen unterlegen sind; es fällt jedoch unfassbar schwer, eine gerade Trennlinie zu ziehen. Wo sich in einzelnen Passagen die Handschrift  des jeweiligen Regisseurs erahnen lässt, pendelt Justice League die meiste Zeit über zwischen verschiedenen Polen und verliert sich in einem ärgerlichen Kompromiss-Zustand, der alle Beteiligten glücklich stimmen will und zunehmend die eigenen Stärken vergisst. Im Hintergrund schwingt stets eine gewisse Ahnung davon, welches Ausmaß die gezeigten Geschehnisse erreichen könnten. In Reichweite kommen diese großen Bilder aber nie.

Wenn sich Bruce Wane etwa auf den Weg macht, um seinen Kolleg_innen zusammenzutrommeln, wirkt die Versammlung erster Begegnungen geradezu uninspiriert bis unbeholfen. Gefangen in sicheren Konventionen hangelt sich Justice League von einem notwendigen Plotpoint zum anderen und lässt dabei jegliche Eleganz und Virtuosität vermissen, wie sie etwa in der wackeren Inszenierung des alles andere als perfekten Batman v Superman: Dawn of Justice rückblickend unerwartet begeisterte. Nur wenige Set Pieces offenbaren sich als raffinierte Bereicherung in dieser Erzählung, die sich selbst nicht auf einen Schwerpunkt besinnen will, sondern unkonzentriert die Schauplätze wechselt, in der Hoffnung, dass die alleinige Bewegung zum Schluss die Dynamik befeuert und ein packendes Abenteuer voller Gefahren und Herausforderungen garantiert. Dazu kommt ein Missverständnis von Spaß in einem Film, dessen Fundament dermaßen Konsequent auf dem Schmerz von Verlust beruht, dass sich der emotionale Kern beschämt in eine Ecke zurückziehen muss, als wäre er mit Superman unter der Erde vergraben worden.

Der Mann aus Stahl und seine Abwesenheit sind in jeder Faser dieses Films zu spüren. Als der dritte Akt von Man of Steel und Batman v Superman: Dawn of Justice, der Justice League im Herzen ist, darf sich der Film trotzdem nicht entfalten. Zu viele kleine Geschichten läuten den Endkampf gegen einen lächerlich in Szene gesetzten Steppenwolf ein, der irgendwo im Nirgendwo stattfindet und dabei den entscheidenden Kontext von Supermans Rückkehr verfehlt. An wen sollen die Menschen glauben, wenn sich abseits einer unglücklichen Alibi-Familie niemand in der Gegend befindet, um den Kampf der Götter zu bezeugen. Justice League grenzt die Welt förmlich aus und ignoriert das Trauma der vorhergegangen Zerstörung. Selbst markante Orte wie Gotham und Metropolis verblassen im Angesicht dieses Superheldenfilms, der gerne ein Panorama entwerfen würde, ohne den Überblick dafür zu besitzen. So fällt Justice League deutlich kleiner und unspektakulärer aus, als er es sein müsste – und das, obwohl in puncto Spektakel einiges geboten wird. Was fehlt, ist jedoch der Einschlag des Gezeigten. Es wirkt, als wäre das DC-Universum um alle Ecken und Kanten erleichtert worden.

Die generische Aura verschlingt all die ambivalenten Zwischentöne und kann es selbst nicht erwarten, bis sich die zusammengeführten Superhelden endlich vertragen. Verblüffende Elemente haben sich dennoch in den Film geschlichen. Am meisten sticht wohl ein Lächeln hervor, das schüchtern beginnt, ehe es sich stolz über das gesamte Gesicht der glücklichen Person ausbreitet. Dieses Lächeln vereint gleichermaßen die Schmerzen des Verlusts wie den Hoffnungsschimmer am Horizont. Es ist ein Lächeln, dass definitiv nicht in diesen Film gehört, geradezu wie ein Fremdkörper wirkt, schlussendlich aber einen, wenn nicht sogar den wichtigsten Akzent setzt. Beinahe poetisch wirkt diese unscheinbare Geste, die – gefilmt mit einem Smartphone – von einem kleinen Jungen für die Ewigkeit festgehalten wurde. Ein paar verwackelte Sekunden in grober Auflösung verändern die Welt, bevor diese überhaupt realisiert hat, wie ihr geschieht. Es ist schade, dass Justice League diese tollen Gedanken später aus den Augen verliert, denn hier schimmert der rohe Diamant durch, der selbst den überheblichen Antagonisten Steppenwolf vor Ehrfurcht hätte erzittern lassen.

Justice League © Warner Bros.