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The Assistant – Kritik

Nach Bombshell folgt mit The Assistant der nächste aufwühlende MeToo-Film. Zwar könnten beide Werke kaum unterschiedlicher sein. Dennoch ergänzen sie sich großartig. Auf das aufwirbelnde Element von Bombshell, das den Niedergang von Fox News-Chef Roger Ailes begleitete, gegen den 2016 Vorwürfe der sexuellen Belästigung erhoben wurden, trifft nun eine stille, aber nicht weniger erschütternde Beobachtung des Arbeitsalltags einer Assistentin. Sie ist die erste, die morgens das Büro betritt und und die letzte, die die Türen hinter sich schließt. Was in der Zwischenzeit passiert – davon erzählt Kitty Green.

Mit der Dokumentation Casting JonBenet machte die Regisseurin und Drehbuchautorin auf sich aufmerksam. Mit The Assistant legt Kitty Green nun ihren ersten Spielfilm vor, in dem ihre Wurzeln als Dokumentarfilmerin deutlich zu erkennen sind, auch wenn die Handlung fiktiv ist. Streng gestalten sich die Bilder, die sie in den Büroräumen der Filmproduktionsfirma findet, in der Jane (Julia Garner) vor wenigen Wochen angefangen hat. Sie arbeitet als Assistentin für einen einflussreichen Filmproduzenten, der niemals in Erscheinung tritt und trotzdem allgegenwärtig ist. Wie ein bedrohlicher Schatten verdunkelt er die Räume.

Aufgebrachte E-Mails und wütende Anrufe von ihrem Chef gehören bei Jane auf die Tagesordnung, genauso wie die schlechten Scherze ihrer Kollegen und ein erstickendes, deprimierendes Arbeitsklima. Jane lässt alles über sich ergehen, denn die Lektionen von Widerworten hat sie längst gelernt. Sobald sie in den frühen Morgenstunden zur Arbeit kommt, versteckt sie ihre Persönlichkeit in Form ihrer Winterjacke in der untersten Schublade ihres Schreibtischs und holt sie erst wieder heraus, wenn sie das Büro verlässt. Dazwischen steht sie auf Abruf bereit und kümmert sich um ihre Arbeit, die von Minute zu Minute mehr wird.

Niemand interessiert sich für Jane, es sei denn, unangenehme Aufgaben können auf ihren Schultern abgeladen werden. Trotzdem macht sie weiter. Aufmerksam verfolgt Kitty Green diese erschütternde wie lähmende Routine und versucht dabei vor allem, Janes teilnahmslose Blicke zu entschlüsseln. Großartig spielt Julia Garner diese unscheinbare Figur, die stets in Gedanken versunken scheint und mit ihrem Gewissen grübelt. Alles, was Jane beobachtet, lässt darauf schließen, dass ihr Chef systematisch junge Frauen in die Firma einlädt und sie dann zu vornehmen Hotels chauffieren lässt. Ein Verhalten, das ihr Sorgen bereitet.

Den ganzen Tag lang schiebt sie ihre Zweifel vor sich her, bis sie es schließlich über sich bringt, die Personalabteilung aufzusuchen und ihren Verdacht zu äußern. Hier entfaltet Kitty Green die größten Stärken von The Assistant: Julia Garners hervorragende Schauspielleistung, die trostlose Inszenierung der Umgebung und die messerscharfe Analyse der toxischen Firmenkultur. Ein anderes Gebäude muss Jane aufsuchen, um ihre Bedenken zu melden – und selbst wenn sie es geschafft hat, das zu formulieren, was sie beschäftigt, wird sie von Wilcock (Matthew Macfadyen), dem Leiter der Personalabteilung, in eine neue Sackgasse getrieben.

Kitty Green illustriert diesen Kraftakt und die darauffolgende Niederlage so nüchtern, dass es weh tut. In The Assistant gibt es trotz des wichtigen Themas kein Spektakel. Stattdessen fokussiert sich der Film ausschließlich auf Jane, die zwar versucht, aus dem System auszubrechen, dieses mit ihrem Schaffen aber gleichzeitig deckt und ermöglicht. Eine Lösung für diesen Zwiespalt präsentiert der Film nicht. Vielmehr vermittelt er ein Gefühl dafür, wie komplex die Situation und wie tief verwurzelt der Missbrauch im Alltag ist. Wenn Jane schließlich nach Hause geht, ist sie allein. Nur der ungeheure Schatten, der sich nicht greifen lässt, verfolgt sie weiterhin.

The Assistant © Forensic Films/Bleecker Street Media