Nicht nur Kino-, sondern auch Konzertbesuche waren 2020 rar gesät. Im Januar habe ich Angel Olsen noch auf der Bühne erlebt, danach wurde eine Veranstaltung nach der anderen abgesagt. Das hat sehr wehgetan. Im Streaming gab es dafür viele tolle Verbindungen zwischen Musik und Film zu entdecken.
Auf Apple TV+ führten etwa die Beastie Boys durch ihre Karriere. Clouds war genau die perfekte Mischung aus Coming-of-Age- und Musikfilm, um für zwei Stunden der Welt zu entkommen. Und dann wären da noch Ariana Grande, Blackpink und Shawn Mendes, die Netflix zum Beben brachten. Nachfolgend haben ich sieben Highlights aufgeschrieben.
Jóhann Jóhannsson verabschiedet sich
Vor zwei Jahren ist der herausragende Komponist Jóhann Jóhannsson gestorben. Seine Filmmusiken prägten die vergangene Dekade mit einem ganz bestimmten Klang, der sich jetzt im Schaffen von Hildur Guðnadóttir wiederfindet. Posthum wurde dieses Jahr auf der Berlinale Jóhannssons Regiedebüt Last and First Men veröffentlicht. Es handelt sich um eine lose Adaption des gleichnamigen Science-Fiction-Romans von Olaf Stapledon, die ausschließlich durch Musik, Bilder und Tilda Swintons Stimme erzählt wird.
Der Broadway-Funke in Little Voice
Apple TV+ begeisterte zum Launch mit hervorragenden Serien wie The Morning Show und Dickinson. Die zweite Welle an Originalen konnte mich neben Feel-Good-König Ted Lasso vor allem mit der musikalisch angehauchte Dramedy Little Voice überzeugen. New York, Musicals und die Liebe: Ich habe jede einzelne Sekunde genossen und mich sehnlichst an den Broadway gewünscht. Little Voice hat sich mit seinen liebenswerten Figuren und der tollen Musik-/Stadt-Kulisse direkt in mein Herz katapultiert.
Beyoncé triumphiert mit Black Is King
Das Beste, was Disneys The Lion King-Remake hervorgebracht hat, ist Black Is King. Basierend auf dem Soundtrack-Album The Gift, kuratiert von Beyoncé, entpuppt sich Black Is King als visueller Rausch. Viele kleine Teile kommen zu einem großen Bild zusammen, das schwarze Kultur und Identität erforscht. Beyoncé verarbeitet dermaßen viele Einflüsse, dass ihr Film an Eindrücken übersprudelt, was eine Rückkehr noch lohnenswerter macht.
Paul Thomas Anderson und Haim verzaubern
Was wäre ein neues Haim-Album ohne ein neues Musikvideo von Paul Thomas Anderson? Für den Song Man From the Magazine hat sich der Großmeister erneut mit der fantastischen Band zusammengeschlossen und ein und zwei Minuten pures Glück geschaffen. Es wirkt auf den ersten Blick alles schlicht, fast unscheinbar. Doch dann ist da so viel Textur in den Bildern, so viel Geschichte in den Gesichtern und so viel Schönheit in der Musik, dass diese zwei Minuten zu etwas ganz Besonderem werden.
Nicht weniger magisch ist Jake Schreiers Video zu Don’t Wanna: Haim, laufend, im Sonnenuntergang – traumhaft und schwerelos! Ein Musikvideo, das die Zeit vergessen lässt.
High Fidelity, Zoë Kravitz und jede Menge Schallplatten
Nick Hornbys Liebesgeschichte in den Gängen eines Plattenladens erwachte dieses Jahr auf Hulu zu neuem Leben. High Fidelity anno 2020 tauscht John Cusack gegen Zoë Kravitz und wartet mit zehn berührenden, verspielten und aufrichtigen Episoden auf. Musik liegt ununterbrochen in der Luft, während ein sommerliches New York zur wundervollen Kulisse wird, um der Melancholie des Herzschmerzes freien Lauf zu lassen. Es ist wirklich schade, dass im Zeitalter des Peak TV eine kleine, feine Serie wie High Fidelity keine Chance hat und nach einer Staffel enden muss.
Hamilton mit Originalbesetzung auf Disney+
2020 habe ich auf zwei große Musical-Highlights entgegengefiebert: In the Heights und West Side Story. Beide Kinostarts wurden jedoch ins nächste Jahr verschoben. Umso glücklicher war die (verfrühte) Ankunft von Hamilton auf Disney+. Seit Jahren höre ich die mitreißenden Songs aus Lin-Manuel Mirandas Musical, auf der Bühne gesehen habe ich es aber noch nicht. Ja, das war kathartisch, den Originalcast in Bewegung zu sehen.
Das zärtliche (Musik-)Kino von Taylor Swift
Die Lover-Tour musste sie absagen. Schlussendlich war Taylor Swift 2020 so kreativ und produktiv wie nur wenige andere Künstler*innen. Neben ihren Alben Folklore und Evermore inszenierte sie zwei sagenhafte Musikvideos und zeigte sich in der Netflix-Doku Miss Americana von einer sehr persönlichen Seite. Zugegeben: Die Doku wurde schon früher gedreht.
Mit dem City of Lover Concert bewegte sie sich Richtung Disney+, dem Streaming-Dienst, auf dem vor wenigen Wochen der ungewöhnliche Konzertfilm Folklore: The Long Pond Studio Sessions seine Premiere feierte. Auch wenn das nicht mit einer Live-Erfahrung mithalten kann: Ich könnte stundenlang zuschauen und zuhören, wie Taylor Swift, Aaron Dessner und Jack Antonoff ihre Songs (zum ersten Mal gemeinsam) spielen.
Beitragsbild: Little Voice © Apple TV+
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