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Dune – Kritik

Verschwommene Lichter, unheimliche Gestalten und gewaltige Maschinen, die sich schleppend durch die Wüste bewegen: Dune, die Neuverfilmung von Frank Herberts gleichnamigen Science-Fiction-Klassiker, beginnt mit apokalyptischen Bildern. Es ist kaum etwas zu erkennen durch den aufgewirbelten Sand, der sich erstickend über die Landschaft legt. Alles in dieser düsteren Welt, in der mächtige Menschen nach noch mehr Macht streben, kündet von abgrundtiefer Feindseligkeit. Wer sich auf den Planeten Arrakis verirrt, begibt sich direkt in den Schlund der Hölle.

Lange wurde dieser Höllenschlund vom Haus Harkonnen kontrolliert. Doch der Imperator zieht die skrupellosen Ausbeuter ab und legt die Verwaltung des Wüstenplaneten in die Hände von Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac). Er soll fortan über Arrakis wachen und den Abbau der wertvollsten Substanz im gesamten Universum fördern: das Spice. Zu Beginn von Dune steht ein Aufbruch und eine große Machtverschiebung. Die beklemmenden Bilder lassen allerdings keinen Wandel zum Guten erahnen.

Vielmehr haben wir es mit dem Warten auf eine Katastrophe zu tun. Regisseur Denis Villeneuve inszeniert die ersten zwei Drittel des Films als langsamen Countdown, der die letzten Stunden des Hauses Atreides erbarmungslos herunterzählt. Bedrohlich brummt Hans Zimmers einnehmender Score im Hintergrund, während sich vor unseren Augen trostlose Panoramen einsamer und verlassener Orte offenbaren. Die Menschen sind winzig im Vergleich zu den Bauten, durch die sie sich bewegen – geradezu bedeutungslos.

Dennoch existiert in Dune die Idee, dass der Einzelne etwas verändern kann. Leto kommt nicht nach Arrakis, um den einheimischen Fremen noch mehr zu nehmen, als ihnen sowieso schon genonnen wurde. Stattdessen sucht er friedliche Lösungen in einem Konflikt, der seit Jahrzehnten anhält. Tief in seinem Inneren weiß er jedoch, dass er vom Imperator zum Sterben in die Wüste geschickt wurde. Diese Bürde transportiert Dune ab der ersten Minute mit hoffnungslosen, melancholischen und endzeitlichen Aufnahmen.

Kameramann Greig Fraser, bekannt für niederschmetternde (Kriegs-)Filme wie Zero Dark Thirty und Rogue One: A Star Wars Story, besitzt ein außergewöhnliches Gespür dafür, klagende Trostlosigkeit in bewegten Bildern einzufangen, was Dune auf visueller Ebene in eine atemberaubende Kinoerfahrung verwandelt. Ruhig und nachdenklich entfaltet sich der Film, sodass jede Einstellung atmen kann. Am liebsten beobachtet Fraser, wie Raumschiffe langsam über unfreundliche Strukturen und die Unendlichkeit des Wüstenmeers fliegen.

Ein weiteres, deutlich intimeres Motiv, das sich in der Bildsprache wiederholt, sind dunkle Räume, in die nur ein schmaler Lichtspalt fällt. Hier erzählt der Film mehr über die Figuren und ihre Ungewissheit, als es der Dialog jemals könnte. Mal illuminieren Hoffnungsschimmer die Gesichter der Fürchtenden, mal ziehen die Schatten in den Bann. Dune zeigt uns kleine Ausschnitte einer viel größeren und komplexeren Geschichte. Erst nach und nach bricht das Licht durch die Finsternis und die verborgenen Abgründe der Todesfalle Arrakis kommen zum Vorschein.

Dune will der Auftakt eines Science-Fiction-Epos sein, das die von Herbert erdachte Welt zu neuem Leben erweckt. Sollte der Film, der sich an der ersten Hälfte der Romanvorlage orientiert, ein Erfolg werden, könnte nicht nur eine Fortsetzung, sondern sogar ein ganzes Universum folgen. Für den Streaming-Dienst HBO Max befindet sich etwa eine Spin-off-Serie namens Dune: The Sisterhood über die Bene Gesserit in Entwicklung. Warner Bros. setzt große Hoffnungen in Dune, obwohl das Buch lange Zeit als unverfilmbar galt.

Zu diesem Ruf beigetragen hat neben den zwei Miniserien aus den 2000er Jahren vor allem David Lynchs umstrittene Umsetzung des Stoffs. Villeneuves Adaption trifft in vielen Punkten bewusst andere Entscheidungen. Wenn es um die Atmosphäre geht, zeigt der Dune anno 2021, dass Lynch mit seiner Verfilmung vor knapp vier Dekaden bereits den spannendsten Aspekt der Geschichte ausgiebig in Filmform erforscht hat: das Gefühl, sich in einem Albtraum wiederzufinden, der immer seltsamer und befremdlicher wird.

Villeneuve führt uns durch einschüchternde Höhlen, erdrückende Tempel und beängstigende Grabkammern, als würde zwischen all den Intrigen und Machtkämpfen der nächste Xenomorph in der Dunkelheit ausgebrütet werden. Nur kryptische Visionen und Träume unterbrechen die brodelnde Stimmung des bevorstehenden Niedergangs: Paul Atreides (Timothée Chalamet), der Sohn und Erbe von Leto Atreides, blickt in eine Zukunft, die noch mehr Leid und Schmerz bringt, aber ebenso auf Veränderung hoffen lässt.

Am Ende von Dune steht somit ein weiterer Aufbruch, der noch tiefer in das Labyrinth des Wüstenplaneten hineinführt. Einer der größten Filme des Jahres findet seinen Höhepunkt in einem unerwartet schlichten, aber nicht weniger abgründigen Finale. Dune ist ein Film geworden, der stimmungsvoll die Ruhe vor dem Sturm schildert und in diesen Momenten fraglos am besten ist. Villeneuve schließt damit sehr schön an Blade Runner 2049 an, auch wenn er die emotionale Tiefe dieser von Neonlicht durchfluteten Meditation über Einsamkeit nicht erreicht.

Beitragsbild: Dune © Warner Bros.

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