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Euphoria: Fuck Anyone Who’s Not a Sea Blob – Kritik

Obwohl sich die Dreharbeiten zur zweiten Staffel von Euphoria aufgrund der Corona-Pandemie verzögern, überraschte Serienschöpfer Sam Levinson letztes Jahr mit der Ankündigung von zwei Sonderfolgen, die im kleinen Rahmen mit minimaler Crew und Besetzung umgesetzt werden konnten. Trouble Don’t Last Always, die erste dieser Special-Episoden, fokussierte sich auf Rues (Zendaya) Geschichte. Mit Fuck Anyone Who’s Not a Sea Blob folgt nun das ergänzende Gegenstück. Dieses Mal befindet sich Jules (Hunter Schafer) im Mittelpunkt der Ereignisse.

Bereits in Rues Kapitel hat sich angedeutet, dass es eine andere Seite der Geschichte gibt. Diese entfaltet sich nun im Rahmen einer Therapiesitzung. Gegenüber Dr. Mandy Nichols (Lauren Weedman) erzählt Jules von den Dingen, die sie beschäftigen – und das sind einige. Immer wieder kommt sie jedoch auf ihre Beziehung zu Rue zurück. Trotz allem Schmerz blitzt durch, wie glücklich die beiden gemeinsam waren und wie gut sie sich gegenseitig verstanden haben. Die Bilder wirken in diesen Momenten traumhaft und schwerelos, aber sie besitzen ebenfalls ihre Schattenseiten.

Nachdem Trouble Don’t Last Always für Euphoria-Verhältnisse überraschend ruhig ausgefallen ist (die Episode spielt fast ausschließlich in einem Diner am Weihnachtsabend), vibrieren die Aufnahmen dieses Mal wieder deutlich mehr. Schnelle Schnitte lassen die Grenze zwischen Traum und Realität verschwimmen, bis selbst menschliche Körper der Fantasie weichen und die Berührung von etwas Wahrhaftigem unmöglich wird. Dazu kommen die verschlossenen Türen, hinter denen sich erschreckende Abgründe verbergen. Als Herzschlag bleibt verzweifeltes Klopfen und Hämmern.

Jules tritt auf der Stelle, nein, schlimmer noch: Sie wird von ihrer Vergangenheit eingeholt und fällt erneut in ein Loch aus zerrissenen Gefühlen. Hunter Schafer, die erstmals auch als Co-Autorin in ein Euphoria-Kapitel involviert ist, stattet die Episode mit aufwühlenden Einblicken in das Innenleben ihrer Figur aus. Fuck Anyone Who’s Not a Sea Blob erforscht die Beziehung zwischen Jules und ihrer Mutter (Pell James), die aufgrund von Alkoholproblemen die Familie verlassen hat und dadurch keinen Draht zu ihrer Tochter aufbauen konnte. Mit Rue droht sich diese grausame Erfahrung zu wiederholen.

Am Ende verschwindet Jules – genauso wie Rue in ihrer Episode – in der Unschärfe der Nacht, während Regentropfen wie Tränen über das Fensterglas kullern. Es sind nicht genug, damit sich ein Sturzbach formt, der alle Probleme in die Tiefe reißt. Aber es sind zu viele, um ein klares Bild, einen klaren Durchblick zu erhalten. Jules bleiben in der Einsamkeit nur die Stimmen von Lorde und Billie Eilish. Sie spenden Trost auf der Suche nach der eigenen Identität, auch wenn die Rückschläge in Fuck Anyone Who’s Not a Sea Blob kaum schmerzlicher, entmutigender und verwirrender sein könnten.

Beitragsbild: Euphoria: Fuck Anyone Who’s Not a Sea Blob © HBO/Sky