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Underwater – Kritik

Zum tiefsten Punkt des Meeres sind die Menschen vorgedrungen, um die letzen Ressourcen zu plündern, die die Erde noch zu bieten hat. Wie es über dem Meeresspiegel aussieht, zeigt uns Underwater, der neue Film von William Eubank, nicht. Dafür entführt die Kamera gleich in den ersten Minuten des Survival-Thrillers in die klaustrophobischen Gänge einer gigantischen Unterwasserstation. Das Licht flackert und die Wände wackeln – ein schauriger, trister Ort, der all den Menschen eine Heimat bieten soll, die isoliert vom Rest der Welt weiter in die Tiefe bohren. So umschreibt es die freundliche, anonyme Stimme aus dem Lautsprecher, ehe 11 Kilometer unter der Wasseroberfläche die Hölle ausbricht. 

Zuerst sind da nur einzelne Tropfen, dann zerreißt der Druck die Hülle: Hals über Kopf stürzt die Mechanikerin Norah (Kristen Stewart) durch die glitschig nassen Gänge, vorbei an spitzen Metallgegenständen und den Leichen ihrer Kollegen, bis sie ein Schott schließen kann. Unmittelbar erfolgt der Einstieg in die Geschichte. Bei all der einleitenden Hektik gelingt es William Eubank dennoch erstaunlich gut, ein Gefühl für die Regeln seiner tödlichen Unterwasserwelt zu vermitteln, ohne sich in plumpen Erklärungen zu verlieren. Vielmehr lernen wir die Station und ihre Menschen durch Norah und ihre Herausforderungen kennen, die sie in einem Wettlauf gegen die Zeit meistern muss, um zu überleben.

Aber selbst dann, wenn die Schotten geschlossen sind, bleibt keine Zeit zum Durchatmen, da sich die nächste Katastrophe mit einem ungeheuerlichen Grollen im Hintergrund ankündigt. Dass der Film dabei recht schematisch funktioniert, fällt vorerst kaum ins Gewicht: Viel gibt es zu entdecken in Underwater, auch – oder gerade erst – im Angesicht der ewigen Finsternis. Lange Rohre, die über den Meeresgrund führen, und Taucheranzüge, die wie Maschinenpanzer um die menschlichen Körper montiert werden: William Eubank hat sich einige tolle Elemente ausgedacht, die den schlichten Handlungsbogen flankieren und vor allem die Fantasie anregen, über die größere, verborgene Welt des Films nachzudenken.

Steht der Überlebenskampf eindeutig im Vordergrund, klingen weiterhin auch spannende Themen an. Da wäre zum Beispiel der Mensch, der sich in seiner Gier wortwörtlich das eigene Grab schaufelt. Die Natur, die sich als unberechenbarer Gegenspieler entpuppt. Und gesellschaftliche sowie zwischenmenschliche Dynamiken, wenngleich Underwater an diesem Punkt seinem großen Vorbild, dem Weltraumhorror Alien 1979, nie auf einer Augenhöhe begegnet. Ridley Scotts Film erzählt mit präzisen Einblicken deutlich mehr über die Gesellschaft einer zukünftigen, heruntergekommene Welt, obwohl wir diese nur aus einem winzigen Fenster beobachten. Bestrebt ist Underwater dennoch, diese Aspekte auszubauen.

Die größte Stärke des Films ist jedoch eine andere: Kristen Stewart. Eben erst meldete sie sich mit dem neusten Charlie’s Angels-Abenteuer im Blockbuster-Kino zurück, da beweist sie sich in Underwater als Actionheldin. Problemlos kann sie einen solchen Film auf ihren Schultern stemmen. Kristen Stewart ist da, mit ihrem ganzen Körper, ihrer ganzen Kraft – in jeder Szene spürbar, selbst wenn die Meeresungeheuer auf den ersten Blick als die größere Sensation erscheinen. Und dann gibt es da noch einen zweiten, heimlichen Star: Jessica Henwick, die nach Nebenrollen in Serien wie Game of Throns und Marvel’s Iron Fist ebenso eine starke Präsenz am Grund des Ozeans heraufbeschwört, gerade in der zweiten Hälfte des Films, wo ansonsten der Überblick in der Dunkelheit verlorengeht.

Weniger überzeugend gestaltet sich Underwater in seinem Mittelteil, besonders dann, wenn es darum geht, neue Set Pieces zu etablieren und filmische Räume aufzubauen. Zugegeben: Die beklemmende Orientierungslosigkeit ist durchaus ein großer Reiz an diesem unerforschten Ort, der mitunter einem fremden Planeten gleicht und die Figuren hilflos durchs Wasser schwimmen lässt, als würden sie wie Sandra Bullock in Gravity verloren im Weltraum driften. Da hat zuletzt etwa Alexandre Aja mit seinem Crawl, in dem Kaya Scodelario gegen eine Horde hungriger Alligatoren antritt, etwas mehr Finesse bei der Inszenierung eines Überlebenskampfs bewiesen. Spätestens wenn Underwater ins Lovecraft-Territorium abbiegt, ist aber wieder für Gänsehaut gesorgt.

Underwater © 20h Century Fox