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Sylvie’s Love – Kritik

Eine verträumte Schönheit liegt Sylvie’s Love zugrunde. Wenn sich Sylvie (Tessa Thomspon) und Robert (Nnamdi Asomugha) in die Augen blicken, wird deutlich, dass es sich hier um eine der ganz großen Liebesgeschichten handelt. Egal, wie sehr sie von den äußeren Umständen auseinandergerissen werden: Ihre innere, völlig bedingungslose Verbindung hält selbst der größten Distanz stand. Auch über Jahre hinweg erlischt er nie, der magische Funken, der sie zusammenschweißt, obwohl das Zusammensein in den meisten Fällen ein Traum, eine Fantasie bleibt.

Diese schmerzliche Sehnsucht ist in jedem einzelnen Frame von Sylvie’s Love zu spüren. Als großes Melodram entpuppt sich der neue Film von Regisseur und Drehbuchautor Eugene Ashe, der ins New York der 1950er Jahre entführt und sich auch so anfühlen soll, als wäre er dort entstanden. Raue 16-mm-Bilder erwecken die Stadt zum Leben, während unzählige Musikbezüge ein besonderes Gefühl für die Umgebung schaffen. Sylvie arbeitet im Plattenladen ihres Vaters, Robert spielt als aufstrebender Saxophonist in einer Jazz-Band. Die Geschichte dieser Welt ist zu jedem Zeitpunkt gegenwärtig.

Ausgehend von den Begegnungen zwischen Sylvie und Robert beschäftigt sich Eugene Ashe mit Amerikas Vergangenheit und Gegenwart. Sein Film hüllt sich in ein altmodisches, nostalgisches Gewand, spricht jedoch eine universelle Sprache. Die Sehnsucht von Sylvie und Robert kommt nicht dadurch zum Ausdruck, dass sie auf die staubigen Treppenstufen zurückkehren wollen, auf denen sie zum ersten Mal ihre eingangs erwähnte Verbindung spürten. Diese Treppenstufen sind natürlich auch Teil ihrer Geschichte und kostbare Erinnerungen, doch für ihre Zukunft müssen sie nach vorne blicken.

In Sylvie’s Love gerät die Sehnsucht in einen Konflikt mit der Veränderung. Das eine kann gelebt oder unterdrückt werden. Das andere passiert früher oder später sowieso. Es ist nicht leicht, die richtige Entscheidung zu treffen, besonders wenn familiärer und gesellschaftlicher Druck dazukommt und das Schicksal durch Missverständnisse und schlechtes Timing einen Streich spielt. Sylvie’s Love nimmt jede dramaturgische Wendung mit, um möglichst viele Perspektiven zu schaffen. Die Beziehung zwischen Sylvie und Robert wird dadurch komplexer und feinfühliger.

In den besten Momenten gleicht Sylvie’s Love einer Mischung aus If Beale Street Could Talk und Carol. Behutsam nähert sich Eugene Ashe seinen Figuren an, dringt in ihre verborgenen Gefühlswelten ein, zeigt uns aber ebenso eine lebendige, nach außen gekehrte Seite, die den Film in eine tragisch wie mitreißende Odyssee verwandelt. Der Geist von Douglas Sirk schwebt über der Geschichte, wenn sich die Kamera im spärlichen Licht einer Straßenlampe über den nassen Asphalt bewegt. Man hört das knirschen der Schuhe, aber auch die Magie dieses wertvollen Augenblicks.

Beitragsbild: Sylvie’s Love © Amazon