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Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore – Kritik

Am Anfang ist die Welt verschwommen. Ein unwirklicher, nebelartiger Schleier liegt über den Bildern, doch pulsierende Bewegungen lassen einen großen Umbruch erahnen. Es knallt dumpf im versteckten Jenseits von Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore, ehe uns der dritte Teil des Harry Potter-Ablegers in die Enge einer Londoner U-Bahn entführt, in der Albus Dumbledore unerkannt durch die Dunkelheit fährt. Es ist nicht das erste Mal, dass Regisseur David Yates den Hogwarts-Schulleiter in einer solchen Umgebung zeigt: Schon im Auftakt von Harry Potter and the Half-Blood Prince verblüffte eine Szene mit Dumbledore im Underground.

Noch faszinierender ist die Begegnung, die kurz darauf folgt: Der von Jude Law verkörperte Dumbledore wartet in einem Restaurant auf Gellert Grindelwald, der nach Johnny Depps unheimlicher Performance im zweiten Teil nun in Form von Mads Mikkelsen in Erscheinung tritt. Den Schauspielerwechsel adressiert der Film nicht. Im Gegenteil: Mit einem aufhellenden Lichtstrahl, der sich in Dumbledores Gesicht spiegelt, dreht sich Mikkelsens Grindelwald zur Kamera und teilt einen der erstaunlichsten Blicke, den wir bisher in der Wizarding World bezeugen konnten. Der Moment ist kurz, geradezu unscheinbar, aber er bestimmt den Tonfall des gesamten Films.

Einmal mehr entscheidet sich Yates für die leise Melancholie und Tragik der Geschichte, anstelle in großen Gesten von der Begegnung der zwei mächtigsten Zauberer ihrer Zeit zu erzählen. Schon in seinen Harry Potter-Filmen erkundete Yates die Figuren bevorzugt in ruhigen, nachdenklichen Einstellungen, um ihre Verletzlichkeit zu offenbaren. In den Fantastic Beasts-Filmen, die von einem Übel berichten, das schleichend die Macht übernimmt, kommt seine sorgfältige, bedachte Herangehensweise auf einer ganz anderen Ebene zum Tragen. The Secrets of Dumbledore schließt an diesem Punkt nahtlos wie eindrucksvoll an den Vorgänger an, The Crimes of Grindelwald.

Dass sich Yates in grübelnde Gedanken vertieft, anstelle den Countdown zum ersten Duell zwischen Dumbledore und Grindelwald mit lauten Tönen herunterzuzählen, ist in der aktuellen Blockbuster-Landschaft alles andere als selbstverständlich, besonders im Hinblick auf den Zustand der Fantastic Beasts-Reihe. The Secrets of Dumbledore entscheidet über die Zukunft des ins Stolpern geratenen Spin-offs, das mit dem 2016 erschienen Fantastic Beasts and Where to Find Them seinen Anfang nahm. Trotz verstärkten Fokus auf Dumbledore und Grindelwald ging der zweite Teil als finanziell schwächstes Kapitel in die Harry Potter-Geschichte ein.

The Secrets of Dumbledore muss den Funken der schwächelnden Reihe neu entfachen. Mit einem Blick auf die negativen Schlagzeilen scheint die Schadensbegrenzung jedoch vergebens. Kaum konnte Warner Bros. dem angeknacksten Beasts-Image mit dem brillanten Grindelwald-Recasting und dem Engagement von Steve Kloves als Co-Autor etwas Aufbauendes entgegensetzen, wurden zwei andere Beteiligte zum Problem: Ezra Miller und J.K. Rowling. Besonders knifflig ist Rowlings Fall: Die Harry Potter-Schöpferin besitzt die kreative Kontrolle über die Wizarding World, sorgte in der Vergangenheit aber mit transphoben Kommentaren für Aufsehen.

Während sich Millers Figur aus der Reihe schreiben oder – wie im Fall von Grindelwald – neu besetzen lässt, ist es komplizierter, die Verbindung zu Rowling zu kappen. Das Harry Potter-Franchise und speziell die Fantastic Beasts-Reihe stecken in einer Krise, die aufgrund von Rowlings Einfluss komplexer ist als sie meisten Marken-Baustellen in Hollywood. Dennoch hat Yates einen Film geschaffen, dem das Chaos hinter den Kulissen kaum anzumerken ist. Abseits vereinzelter Elemente, die wie das Reunion-Special Harry Potter 20th Anniversary: Return to Hogwarts an die Nostalgie appellieren, bleibt The Secrets of Dumbledore seiner Vision treu.

Während Yates durch die detailverliebt gestalteten Winkel der magischen Welt führt, wird der dunkle Schatten immer größer, obwohl ihn viele nicht erkennen (wollen). Doch das verleiht der Fantastic Beasts-Reihe, die seit den aufgerissenen Straßen von New York offensichtliche und geheime (Macht-)Strukturen erforscht, ihre aufwühlende, beunruhigende Sogkraft. Geschickt schildert The Secrets of Grindelwald eine Bedrohung, die sich benennen, aber kaum greifen lässt. Erst später erhalten die verschleierten Explosionen konkrete Bilder, wenn giftgrüne Lichtblitze in den Himmel schießen und Grindelwald seine wahren Absichten zu erkennen gibt.

Mads Mikkelsen schafft einen großartigen Antagonisten. Sein Grindelwald genießt den Zweifel für den Angeklagten und lässt sich von der Menge tragen, während er Erinnerungen auslöscht und die Menschen manipuliert. Zwischen beschlagenen Spiegeln und verzerrten Zwischenwelten entfaltet sich The Secrets of Dumbledore als abgründiges Abenteuer. Getragen wird es von James Newton Howards einfühlsamer Filmmusik, ganz zu schweigen von seinem größten Trumpf: Jude Law. Mehr noch als Mikkelsen erweitert er die vertraute Harry Potter-Figur, die er verkörpert, um spannende Nuancen. Laws Dumbledore ist das bisher größte Geschenk der Fantastic Beasts-Reihe.

Beitragsbild: Fantastic Beasts: The Secrets of Dumbledore © Warner Bros.