Drücken Sie „Enter“, um den Inhalte zu überspringen

The Batman – Kritik

Zehn Jahre nach dem Ende von Christopher Nolans Dark Knight-Trilogie startet ein neuer Batman-Film in den Kinos, der uns in die düsteren Straßen von Gotham City entführt und eine junge Version des dunklen Ritters vorstellt. Der von Robert Pattinson verkörperte Bruce Wayne befindet sich erst in seinem zweiten Jahr als maskierter Rächer und gleicht mehr dem grüblerischen Protagonisten eines Film noir als einem Superhelden. Wie ein Detektiv folgt er dem Lichtkegel seiner Taschenlampe und findet sich im Untergrund einer Stadt wieder, die komplett vom Verbrechen zerfressen ist.

Das Gotham in The Batman ist ein verkommener, aber auch ein faszinierender Ort. Mit schweren Schritten stapft Pattinson durch den kalten Regen, der erbarmungslos zu Boden fällt und die Risse im Asphalt mit Ungewissheit füllt. Hingebungsvoll mustert Regisseur Matt Reeves die Trostlosigkeit eines jeden Tropfens und zeichnet ein grimmiges Bild der Metropole. Selbst Ben Afflecks stoischen Vigilanten aus den Crossover-Filmen Batman v Superman und Zack Snyder’s Justice League würde diese Hoffnungslosigkeit verunsichern. Doch Pattinson stellt sich mutig dem Regen – und später der Flut.

Eine riesige Welle bahnt sich an, die Gotham für immer im Abgrund versenken könnte. Reeves und Co-Autor Dylan Clark sind vorerst allerdings nicht an der großen Bewegung dieser Welle interessiert, sondern suchen ihren Ursprung im Kleinen, im Verborgenen. The Batman entfaltet sich als brütendes Epos über eine Stadt, die im Angesicht eines Serienkillers zittert: Der Riddler (Paul Dano) entlarvt die Mächtigen ihrer Lügen. Manchmal versetzt uns der Film sogar direkt in die Perspektive des Bösewichts, der seine Opfer röchelnd mit dem Fernglas beobachtet und quälend auseinandernimmt.

Als Mischung aus Jigsaw und Zodiac-Killer tritt der Antagonist in The Batman in Erscheinung und verstört allein durch seine gruselige Maske, ganz zu schweigen von den fiesen Spielchen, die er sich ausdenkt, um Gothams verdorbenes System zu sezieren, bevor er seine eigene Revolution startet. Per Live-Stream lässt er seine Gefolgschaft in Echtzeit an den grausamen Taten teilhaben, von denen er glaubt, sie seien so elegant orchestriert wie Schuberts Ave Maria, das mehrmals kontrapunktiert auf der Tonspur erklingt und an die Verwendung von Bachs Air in David Finchers Thriller Seven erinnert.

Reeves versteckt seine Vorbilder nicht. Zur Geltung kommt auch der Einfluss, den Kurt Cobain beim Schreiben des Drehbuchs auf seinen Batman hatte. Gleich zwei markante Momente untermalt Reeves mit Something in the Way von Nirvana. Als zusätzliches Leitmotiv vereint sich der schwermütige Song wunderbar mit Michael Giacchinos unheilvollem Batman-Theme, das jeden der schweren Schritte auf musikalischer Ebene mitgeht. Noch einnehmender wird The Batman, sobald Reeves den Helden der Geschichte und seinen Gegenspieler ineinander überblendet, sodass die Figuren verschwimmen.

Wenn sich Batman heimlich an die Fersen von Selina Kyle aka Catwoman (Zoë Kravitz) heftet und durch die beschlagenen Fenster ihrer Wohnung späht, könnte es sich ebenfalls um die lungernden Blicke des Riddlers handeln. Präzise zeichnet Reeves das Porträt eines Einzelgängers, der sich in Selbstzweifeln verliert und am Ende sogar so verunsichert ist, dass er fast freiwillig die Maske fallen lässt, weil er sich ertappt fühlt. Umso eindrucksvoller ist das Bild, wenn dieser verlorene Batman in Gothams dunkelster Stunde zu sich findet und ein Leuchtfeuer entfacht, das die Finsternis durchbricht.

The Batman ist jedoch nicht nur ein Batman-Film, sondern vor allem ein Film über eine Stadt, die von verrotteten Strukturen am Leben gehalten wird. Gegenüber skrupellosen Verbrechern wie Gangsterboss Carmine Falcone (John Turturro) und dem unheimlichen Penguin (Colin Farrell) scheint jeglicher Hoffnungsschimmer der idealistischen Bürgermeisterkandidatin Bella Reál (Jayme Lawson) vergebens. Apokalyptische Zustände herrschen in diesem Moloch, den Kameramann Greig Fraser trotz aller Hässlichkeit in atemberaubenden Aufnahmen auf die Leinwand bannt.

Mitunter wirkt es, als wäre Reeves für The Batman zu seinem ersten großen Film als Drehbuchautor zurückgekehrt, um zu erforschen, in welchem Verhältnis die Stadt und ihre Einwohnenden zueinander stehen: The Yards. Das von James Gray inszenierte Drama erkundet die Hinterhöfe der Macht und zeigt uns ein New York, das dem kaputten Gotham aus The Batman gar nicht so unähnlich ist. Auch hier bewegen wir uns oft durch einengende Räume, in denen mehr Dunkelheit als Licht herrscht. Ein Labyrinth aus Schatten, in dem Geheimnisse brodeln und ewiges Schweigen herrscht.

The Batman verweilt lange an diesen einsamen Orten und macht sich Gedanken über die Architektur einer uralten Stadt, die sich in eine tickende Zeitbombe verwandelt. Reeves hat einen beklemmenden Film geschaffen, der von Zweifeln und unerfüllten Sehnsüchten durchdrungen wird, besonders wenn sich Batman und Catwoman in der Dämmerung auf Dächern begegnen. Es ist einer der wenigen Momente, in denen wir den glühenden Himmel sehen, der über Gotham aufzieht, ehe die Spurensuche wieder in die Tiefe führt. Noch nie hat ein Batman-Film so sehr von seiner Stimmung gelebt.

Beitragsbild: The Batman © Warner Bros.

Gib den ersten Kommentar ab

Schreibe einen Kommentar